Viele überraschende Wendungen

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palatina Avatar

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Bei diesem Buch fällt als erstes das farbenfrohe und hochwertig gestaltete Cover auf, das ausgezeichnet zum Inhalt passt, ist der australische Regenwald doch der zentrale Ort des Geschehens in diesem Thriller.
Dort, wo Regenwald und Felsenmeer aufeinandertreffen, spielt die Geschichte. Es geht darin um den bereits in die Jahre gekommenen Journalisten Callum Haffenden. Dieser wollte eigentlich mal Polizist in seiner Heimatstadt werden – so wie es sein Vater schon war. Aber ein tragischer Unfall zerstörte diesen Traum. Darin verwickelt: seine Jugendliebe, das schlechte Wetter, der Regenwald, einige Missverständnisse und zerklüftete Felsen. Nach diesem Unfall, der ihn seinen Unterschenkel kostete, musste er sich nicht nur von seinen Träumen, sondern auch von seiner Heimatstadt verabschieden.
Das alles ist dreißig Jahre her und mittlerweile ist er Journalist. Nach Jahren kehrt er in den australischen Ort zurück, in dem er aufgewachsen ist. Er möchte sich an der Suche nach einem vermissten jungen Mann beteiligen, mit dem ihn einiges verbindet. Aber in seiner Heimatstadt scheint man nicht gerade auf ihn gewartet zu haben, denn so manche haben wenig Interesse daran, dass ihre Geheimnisse von einem Journalisten ausgegraben und öffentlich gemacht werden.
Mit in Haffendens Gepäck: jede Menge Erinnerungen und feste Vorstellungen davon, wer gut und wer böse ist. Im Laufe der nächsten Tage wird er sich davon verabschieden müssen. Denn vieles ist anders als es anfangs scheint – und das ist die Stärke dieses Thrillers: Es gibt jede Menge überraschender Wendungen.
Es gibt darin auch jede Menge Regenwald und schlechtes Wetter. Ein Unwetter zieht auf und genau genommen scheint es die ganze Geschichte hindurch zu regnen. Die Schilderungen sind so eindringlich, dass man sich fast vergewissern muss, dass man beim Lesen nicht selbst nasse Füße bekommen hat. Auch Haffendens Prothese und der sich zunehmend entzündende Stumpf seines amputierten Unterschenkels nehmen viel Raum ein. Das ist nicht uninteressant, allerdings fragt man sich dann beim Lesen doch, warum er unbedingt mit einer Prothese bei glitschigem Boden durch den Regenwald torkeln muss und ob bei der Menge an Schmerztabletten, die er einwirft, die eigentlich noch wirken können. Nun ja, dafür ist es ja Fiktion.
Dieser Thriller ist gut erzählt. Man erwartet bei einer Geschichte, die in Australien spielt, immer ethnische Konflikte. Aber die nehmen kaum Raum ein, höchstens mal in einer Randbemerkung. Die Figuren selbst sind alles andere als klischeemäßig – wie man anfangs glaubt. Aber einigen der Figuren mangelt es an Tiefe. Selbst Haffenden – dessen eigene Geschichte Stück für Stück alle paar Kapitel rückblickend aufgerollt wird – bleibt häufig im Deskriptiven stecken. Ich habe beim Lesen auf etwas mehr Textstellen gehofft, die mich zum Weinen oder Lachen bringen. So hätte die kumpelig-flirtende Annäherung zwischen Haffenden und einer Polizistin, die er noch von früher kennt, etwas mehr Witz oder Romantik verdient. Am ehesten berührt noch die tragische Geschichte von Haffendens Jugendliebe. Das, was ihr widerfährt, lässt niemanden kalt und erweist sich letztlich auch als der Schlüssel zu einigen der Geheimnisse.
Insgesamt ist dieser Thriller durchaus lesenswert und spannend bis zum Schluss, weil vieles lange rätselhaft bleibt und erst am Ende Sinn erhält.