Eine von vier wird die Nummer Neun

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metalpanda Avatar

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„Der Frauenjäger“ beginnt mit dem Werdegang eines Mörders, der aus Hass auf seine Mutter Frauen tötet, die in seinen Augen Ähnlichkeit mit dieser aufweisen. Nicht unbedingt optisch, aber die sich so verhalten, wie die verhasste Person, die die Schlüsselrolle im Leben eines Kindes spielt. Ein Kindheitstrauma, das eine perfekte Vorlage für einen Krimi bietet.
Im weiteren Verlauf hat man jedoch das Gefühl, eher einen Liebesroman vor sich zu haben. Vier Busenfreundinnen, die sich ihren jeweiligen Traumprinzen in Form einer Viererclique angeln. Ein perfekter Freundeskreis, oder etwa nicht?
Marlene Weißkirchen, eine von den vier, in gewisser Weise „das hässliche Entlein“ unter den  Freundinnen, will sich eigentlich nur nützlich machen und dem Alltagstrott entfliehen – doch schon bald gerät sie in eine Falle…

Petra Hammesfahr versucht in ihrem neuesten Roman, eine Mischung aus einer Liebesgeschichte und einem Thriller zu zeigen; macht deutlich dass aus einem (zumindest nach außen) perfekten  Familienleben schnell eine Tragödie werden kann. An manchen Stellen wirkt es jedoch, als hätte die Autorin versucht, mehr in den Roman zu packen, als eigentlich gut ist. Schon am Anfang kommen zu viele Informationen zu den beiden Vierer-Cliquen, deren Familien, Kindern, Eltern, Nachbarn, sodass man teilweise zurückblättern muss um zu schauen, zu welcher Familie dieser Name gehört. Manche Passagen sind schlicht einfach unnötig, z.B. lange Erzählungen wessen Kinder wann bei wem übernachten.

Ist die Lebens-, Liebes- und Leidensgeschichte von Marlene interessant zu lesen, wirkt die Krimihandlung dagegen eher flach: auf den wahren Täter wird kaum eingegangen, sein Motiv wird zu oberflächlich und eigentlich schon im Prolog erzählt.
Das Verhalten des Opfers ist in vielen Punkten unlogisch und nicht nachvollziehbar. Als sie aus der Höhle flieht, isst sie erstmal gemütlich ein Butterbrot im Haus des Täters, ohne zu wissen ob er da ist. Nach der Befreiung läuft zuhause alles wie bisher, nur dass ausnahmsweise Fertigessen bestellt wird, da Mama nicht imstande ist, zu kochen – zur Polizei geht man – obwohl man im Besitz wertvoller Beweismittel über weitere Opfer ist – erst Tage später, das kann ja warten.
Auch warum ausgerechnet Marlene zum Opfer fiel, ist fadenscheinig, da der Mörder ja sonst seine Opfer nach bestimmten Merkmalen sorgfältig auswählt, nur sie fällt eigentlich nicht in sein Raster, vermeintlich aber schon, weil er sie einmal gesehen hat.

Gelungen finde ich vor allem die stilistischen Mittel, die die Autorin einsetzt. Alleine schon die Überschrift der Kapitel erregt Aufmerksamkeit: jedes Kapitel über Marlenes Gefangenschaft ist mit „Nummer Neun“ betitelt; die Rückblenden sind kursiv und mit Datumsangabe betitelt, im Tagebuchstil quasi. Auch wird immer wieder ein Stückchen aus den Geschehnissen der vergangenen Tage (ein gesprochener Satz z.B.) immer wieder geschickt in Marlenes Gedanken eingebaut, dessen Sinn erst später aufgeklärt wird. Solche Tricks erhalten einen Hauch von Spannung.

Die Szenen in der Höhle wirkten auf mich sehr langatmig und künstlich in die Länge gezogen, trotzdem bleiben Unklarheiten. Warum sie z.B. trotz geschundener Knie kriecht und nicht (vorsichtig) auf zwei Beinen vorwärts tappt, ist unklar.
Vielleicht bin ich durch einen weiteren Roman Hammesfahrs „vorbelastet“, aber die Grundidee, die Motivation des Mörders, ist nicht neu und bereits mindestens in diesem einen weiteren Roman der Autorin das Kernthema.

Zusammenfassend fand ich den Roman leider enttäuschend, trotz einer vielversprechenden Leseprobe. Spannender Einstieg, der jedoch durch langatmige Passagen und verworrene Freundschafts- und Verwandschaftsgeschichten rasch abbaut und leider mit einem enttäuschenden Schluss endet.