Hellsichtige Geschichte, poetisch wie ein Märchen...

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
annabelle Avatar

Von

Rezension „Der Freund der Toten“ von Jess Kidd

Hellsichtige Geschichte, poetisch wie ein Märchen…


Ich wusste es von Anfang an, dieses Buch ist etwas Besonderes. Schon das Cover beeindruckt und weckt das Interesse als Leser. Auf den ersten Blick sieht man Pflanzen und Blüten, dann erscheinen die Augen und menschliche und tierische Gestalten im Dunklen.
Und so geheimnisvoll gestaltet sich die ganze Geschichte, die wunderbar erzählt wird, die mystisch und erschreckend daherkommt und einiges an Gewalt beinhaltet.
So beginnt Jess Kidd in ihrem Debütroman „Der Freund der Toten“ im Prolog mit der Ermordung einer jungen Frau im Jahre 1950; ihr Baby, das ebenfalls den Tod finden soll, verschwindet wie durch Zauberhand im Wald, in dem die grausame Tat geschah.
Nach einem Zeitsprung ins Jahr 1976 dreht sich die Handlung um den jungen, gutaussehenden Mahony, der in einem Dubliner Waisenhaus aufgewachsen ist und bisher nicht wirklich viel aus seinem Leben gemacht hat.
Nach dem Tod einer Schwester des Waisenhauses, erreicht Mahony aus deren Nachlass ein Briefumschlag, der an ihn gerichtet ist. Darin finden sich eine Fotografie einer jungen Frau mit einem Baby auf dem Arm, sein richtiger Name und der Ort seiner Herkunft. Zudem der Hinweis, dass seine Mutter eine Schande für ihr Dorf gewesen sei und er zurückkommen soll, um ihr Schicksal aufzuklären. Gleichzeitig warnt man ihn vor den Bewohnern.
Gegen Bewährungsauflagen verstoßend, macht sich Mahony auf den Weg nach Mulderrig, County Mayo. Dieser kleine Ort scheint auf den ersten Blick etwas verschlafen, doch der Eindruck täuscht. Man erkennt ihn schnell, was eine gewisse Unruhe im Ort auslöst. Niemand will an die Geschichte von damals erinnert werden.
Untergekommen im alten Rathmore House, findet er in der gealterten, exzentrischen Schauspielerin Merle Cauley eine Freundin und Verbündete. Sie hat seine Mutter gekannt, erinnert sich an die Zeit von damals und unterstützt ihn bei der Aufklärung ihres plötzlichen Verschwindens. Gleichzeit mit Mahony sind die Toten aufgetaucht, die nur er sehen kann und die ihm ebenfalls helfen und beschützen. Denn nachdem Mahony sich weigert, das Dorf wieder zu verlassen, trachtet man ihm nach dem Leben. Und nicht nur ihm…

Die Geschichte ist wunderbar erzählt, die Figuren zum Teil herrlich skurril, allen voran Mrs. Cauley und ihre Freundin Bridget Doosey. Man leidet mit den Lebenden und den Toten; der kleinen Ida, die nicht hätte in den Wald gehen dürfen. Die Hündin, die nur gehorsam war und natürlich mit der jungen Orla.
Ein phantastisches Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle.