Die düstere Abwärtsspirale von Mr Cave

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rosecarie Avatar

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Terence Cave hat im Verlauf seines Lebens fast jeden Menschen verloren, den er geliebt hat. Jetzt hat er fast niemanden mehr, nur noch seine Tochter Bryony. Die muss er um jeden Preis beschützen. Er darf sie auf keinen Fall verlieren. Doch Bryony kommt langsam in die Pubertät, die Phase, in der sich Kinder eigentlich von den Eltern ablösen sollten. Diese Diskrepanz sorgt dafür, dass langsam alles aus dem Ruder läuft…

Das erste, was mir auffiel als ich das Buch aufschlug, war das hübsche Bild auf der ersten Seite. Hat mir direkt gute Laune gemacht. Die verging mir nach den ersten Zeilen aber schnell wieder, denn es passiert etwas Schreckliches. Die Dramatik dieses ersten Augenblicks im Buch traf mich hart und unvorbereitet. Ein Talent des Autors, die Gefühle ungebremst auf die Lesenden zu übertragen. Ein dramatischer, hochemotionaler und vielversprechender Start in die Geschichte. Und auch im weiteren Verlauf des Buches verbessert sich die Stimmung nicht… im Gegenteil!

Die Geschichte wird aus Sicht des Vaters (Mr Cave) erzählt. Er schreibt an seine Tochter, in der Hoffnung, sein Verhalten im Nachhinein erklärbar zu machen. Er erzählt es sehr nahbar und subjektiv, getrübt von seinen eigenen Erfahrungen und Erlebnissen der Vergangenheit.

Seit dem Tod seines Sohnes hat er diese Aussetzer, ein Schwindelgefühl, ein merkwürdiges Kribbeln im Kopf. Was hatte es damit auf sich? Ich fand das sehr beunruhigend, denn was während dieser Aussetzer passierte, konnte keiner wissen.

Beide Figuren waren unglaublich anstrengend. Ich hätte sie gerne gemeinsam in Therapie geschickt. Aber Bryonys Flucht nach außen, weg vom Vater und hinein in dieses rebellierende Verhalten konnte ich sehr gut nachvollziehen. Der Vater hat ihr kaum eine andere Wahl gelassen. Aber man eh, können Teenager ätzend sein :D Nichtsdestotrotz bin ich voll auf ihrer Seite. Genau, wie ihre Großmutter, die in dieser Geschichte als einzige die volle Zahl an Sympathiepunkten erhält. Ich wünscht, sie hätte mehr Einfluss auf den Verlauf dieser furchtbaren Geschichte nehmen können.

Das Schlimmste war Terence wachsende Angst um seine Tochter. Puh... was der Vater da veranstaltet hat, war echt anstrengend. Sowohl sein Verhalten als auch das seiner Tochter war... also wie soll ich es beschreiben... total unangenehm. Bryonys Bewältigungsstrategie zusammen mit den einzigartigen Wesenszügen einer Teenagerin gepaart mit den wachsenden Verlustängsten des Vaters, die in Paranoia umzuschlagen begann... das war wirklich nicht leicht zu ertragen. Wo sollte diese Geschichte hinführen? Ich hatte keine Idee...

Das gesamte Buch war so düster und unheilvoll, das Ende hatte es in sich und ist nichts für schwache Nerven. Die Geschichte ist sehr real und authentisch geschrieben, das macht alles noch viel schlimmer. Mir hat diese verstörende Geschichte wirklich sehr gut gefallen. Es hinterlässt allerdings kein gutes Gefühl und die Charaktere sind alles andere als sympathisch. Aber es ist eine ganz außergewöhnliche Geschichte, die ich allen empfehlen kann, die sich dieser düsteren Atmosphäre stellen wollen und können. Und ganz ehrlich: ich hoffe, Matt Haig geht es gut…