sprachlich brillant, inhaltlich extrem düster und verstörend

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mrs-lucky Avatar

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Matt Haigs Roman „Der fürsorgliche Mr. Cave“ gehört zu seinen frühen Romanen, ist aber jetzt erstmals in deutscher Übersetzung erschienen.
Im Mittelpunkt steht der Antiquitätenhändler Terence Cave, der in seinem Leben schon einige Tragödien verkraften musste. Als Kind hat er seine Mutter durch Selbstmord verloren, nach dem Tod seiner Frau bei einem Raubüberfall auf das Antiquitätengeschäft blieb er als alleinerziehender Vater eines Zwillingspärchens im Säuglingsalter zurück. Als sein Sohn Reuben auf tragische Weise ums Leben kommt und in seinen Armen stirbt, setzt Terence alles daran, seine Tochter vor allen Bedrohungen des Lebens zu schützen. Bryony war schon immer das Kind, dem er am meisten Aufmerksamkeit geschenkt hat, mit ihrem sanften Wesen, ihrer Klugheit und ihrer Liebe zur Musik stand sie ihm immer näher als der verschlossene und rebellische Reuben.
Doch je stärker Terence versucht, Bryony an sich zu binden, je mehr Regeln er aufstellt, um sie auf dem rechten Pfad zu halten, ums mehr verschließt sich Bryony vor ihm und versucht, seinem Gefängnis zu entfliehen.
Dieser Roman ist das düsterste Werk, das ich von Matt Haig gelesen habe, viele Szenen wirken verstörend, Terence erscheint traumatisiert durch die Schicksalsschläge, die er erlitten hat, er lebt zurückgezogen ohne soziale Kontakte, wenn man von seiner Schwiegermutter Cynthia absieht, die in seinem Laden mitarbeitet. Auch wenn der Roman in Form eines Briefes verfasst ist, in dem Terence seiner Tochter sein Verhalten zu erklären versucht, konnte ich trotz der direkten Ansprache keine Nähe zu den Figuren entwickeln und kein Mitgefühl für Terence und seine Verzweiflung empfinden. Seine Wahnvorstellungen sind zu obskur und gleichzeitig abschreckend.
Es ist mir selten so schwergefallen, einem Buch eine Bewertung zu geben. Sprachlich ist es brillant und das sich steigende Unbehagen von Terence ist deutlich spürbar, von Lesevergnügen kann ich in diesem Fall aber nicht sprechen, dazu wirkt es auf mich zu verstörend düster. Die Intensität der Gefühle, die dieser Roman auslöst, spricht für seine Qualität, ich habe eine andere Umsetzung erwartet. Denn auch in Matt Haigs anderen Romanen herrscht oft eine düstere Grundstimmung, jedoch werden diese durch phantasievolle Rahmenhandlungen und eine spitzfindige Sicht auf Familie und Gesellschaft gebrochen. Diese Elemente fehlen hier völlig, so dass ich als Leser eher ratlos und verstört zurück geblieben bin. Die deutsche Übersetzung des Titels finde ich irreführend, „The Possession of Mr Cave“ im Original trifft es besser.