Mein Jahreshighlight!

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Rezension zu „Der Fund“ von Bernhard Aichner
Bernhard Aichner ist vielen deutschen Lesern leider noch gar nicht bekannt. Eine absolute Tragödie in meinen Augen. Ein absoluter begnadeter Schriftsteller mit unverwechselbarem Stil. „Der Fund“ ist sein neuestes – und in meinen Augen – auch sein bestes Werk! Zeigt mir jemanden, der seine Hauptfigur schon auf der ersten Seite sterben lässt und trotzdem eine dermaßen fesselnde Story liefern kann. Ganz großes Kino!

Die Geschichte um Rita Dalek wird vom Autor von vorn erzählt, aber gleichzeitig auch von hinten aufgerollt. Der Polizist, der in Ritas Fall ermittelt, befragt etliche Zeugen. Diese Befragungen sind im schlichten Frage-Antwort-Stil gehalten. Ohne schriftstellerische Ausschmückungen – das ist eh nicht Aichners Art. Trotz dieser knappen Erzählform kam unheimlich viel Emotion bei mir an. Die Kapitel, die Ritas Fund und ihre Handlung von vorn erzählen, sind jedoch genauso besonders. Das liegt an Aichners unglaublich einzigartigem Schreibstil, den ich bereits erwähnt habe. Er schreibt kurz und knapp, einfach und redundant in der Wortwahl aber keinesfalls niveaulos, nüchtern aber nicht ohne Emotionen. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich liebe es! Die Wechsel zwischen Befragungen und Erzählungen machten das Buch unheimlich spannend. Zum einen besaß man bereits Informationen, die man ohne die Befragungen nicht gehabt hätte, zum anderen war man aber trotzdem noch total ahnungslos. Dieses Spiel mit den Informationen machte das Buch zu einem richtigen Pageturner. Es wirkte alles einfach perfekt zusammen.

Der Autor hat es außerdem auf wenigen Seiten geschafft, eine dermaßen große Sympathie für Rita bei mir zu erzeugen, dass ich alles guthieß, was sie getan hat – auch, wenn es eigentlich falscher nicht hätte sein können. Sie ist eine sehr tragische, aber auch starke, Figur:

„Sie hat es hingenommen, dass das Glück in ihrem Leben immer ein Ablaufdatum hatte.“

Ich verstand Rita, ich mochte Rita, ich hatte Mitleid mir Rita. Kurz: Ich gönnte ihr diesen Fund und die damit verbundene Chance.

„Wie eine Blume fühlt sie sich, die plötzlich aufblüht. Etwas Verwelktes, das wieder zu leben beginnt. Es fühlt sich wunderbar an. Jede Minute, jede Sekunde.“

Die heimliche Heldin des Buchs war für mich jedoch ganz klar Ritas Nachbarin Gerda. Ich möchte nicht zu viel über Gerda und ihre Ideen verraten, aber Aichner hat nicht ohne Grund entschieden, dass David Bowies Song „Heroes“ in einem ganz bestimmten Moment im Buch im Radio läuft.

Ich tappte im Dunkeln. Wusste nicht, was Rita zugestoßen sein könnte. Erst nach ungefähr 300 Seiten hatte ich eine Idee, die sich sogar bewahrheitete. Aber trotzdem habe ich damit nicht ins Schwarze getroffen, denn der Autor hat sich ein grandioses Finale und Ende überlegt.

Bernhard Aichner hat sich mit diesem Buch in meinen Augen ganz klar in die Riege der ganz Großen geschrieben. Spannung, Emotion, Wendungen, toll gezeichnete Charaktere. Ich habe alles gefunden, was sich mein Leserherz erhofft. Ich kann ganz klar sagen: Ich habe einen neuen Lieblingsschriftsteller und kann das nächste Buch kaum erwarten. Seitdem ich weiß, dass Bernhard Aichner seine Erstfassungen sogar handschriftlich schreibt, habe ich noch größeren Respekt.
Von mir gibt es einen Lesebefehl für dieses Thriller-Meisterwerk!