Der Gast im Garten

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milena Avatar

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Takashi Hiraide hat einen kleinen Roman geschrieben, dem aber durchaus Aufmerksamkeit gebührt. Der Inhalt ist sehr schnell erzählt. Ein Paar mittleren Alters zieht in ein Gartenhaus außerhalb Tokios, um sich in Ruhe ihren Tätigkeiten im Literaturbetrieb widmen zu können. Ihr Leben als äußerlich ereignislos zu bezeichnen, wäre nicht übertrieben. Im Rhythmus der Jahreszeiten und fester Gewohnheiten verbringen sie ihre Zeit. Der Mann, der als Ich-Erzähler fugiert, überlegt sich, ob er es wagen kann, seine feste Stelle bei einem Verlag aufzugeben, um als freiberuflicher Autor zu leben. Es nimmt einige Zeit in Anspruch, bis er sich zu dieser Entscheidung durchringen kann. Das Paar ist daher gezwungen, sich materiell noch mehr in den Ansprüchen zu bescheiden, was sie aber nicht sonderlich stört. Bewegung gerät in das Geschehen, als die Nachbarsfamilie eine kleine Katze aufnimmt, die vom Jungen der Familie Chibi, was die Kleine bedeutet, genannt wird. Nach und nach erobert das Kätzchen den Garten, das Haus und das Herz des Paares. Sie richten ihr Leben immer stärker auf die Katze aus, die ihnen im eigentlichen Sinne gar nicht gehört. Es beginnt eine Zeit, die mit großer Zärtlichkeit beschrieben wird, in der das Paar mit der Katze lebt. Eine Veränderung bahnt sich an, da die Hausbesitzer altersbedingt das Haupthaus aufgeben müssen und das ganze Grundstück verkaufen wollen, somit der Auszug des Paares erforderlich ist. Die Tragödie ereignet sich aber zugleich, das Kätzchen stirbt bei einem nicht genau nachzuvollziehenden Autounfall und die Nachbarn begraben es auf dem Grundstück. Unfähig sich an den Gedanken zu gewöhnen, weit entfernt vom Grab der Katze zu leben, suchen sie verzweifelt nach einer neuen Wohnung. Die Erzählhandlung hört sich in der Tat leicht skurril an. Die Überhöhung der Bedeutung des Kätzchen für das Leben des Paares erweckt den Eindruck, als handele es sich um ein Kind, das sie hegen, pflegen und dessen Tod sie kaum verarbeiten können. Was das Buch zu etwas Besonderem macht, ist der meditative Sog, den die sprachlich ausgefeilten Naturbeobachtungen ausstrahlen, die von den liebevollen Illustrationen von Quint Buchholz begleitet sind.