Der Gast im Garten

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lunamonique Avatar

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„Der Gast im Garten“ ist das Werk des japanischen Lyrikers und Schriftstellers Takashi Hiraide. Die Illustrationen stammen von Quint Buchholz. Eine Katze schleicht sich in das Leben eines Paares und erobert ihre Herzen im Sturm.

Der fünfjährige Nachbarsjunge adoptiert eine streunende Katze. Chibi kennt keine Grenzen und macht Gärten und Wege zu ihrem Revier. So landet sie auch bei dem jungen Ehepaar im Gartenhaus. Bald geht sie dort ein und aus. Chibi, Spitzname Glöckchen, teilt ihre Zeit gewissenhaft zwischen den Familien ein. Die alte Dame im Haupthaus ist von der Katze nicht gerade begeistert, gewöhnt sich aber an den herum streifenden Plagegeist. Der Keyaki-Baum in der Nähe des Gartenhauses ist Chibis liebster Spielort. Die eigensinnige Katze zaubert ihren Lieblingsmenschen ein Lächeln ins Gesicht.

Die Blitzgasse mit der Camera obskura, dem Loch im Zaun, ist eine originelle Idee. Autor Takashi Hiraide erweckt den Eindruck, aus dem echten Leben zu schreiben. Er rückt drei Häuser ins Zentrum des Geschehens. Das Haupthaus, in dem die alte Dame wohnt, ist für Chibi anfangs tabu. Im Gartenhaus des jungen Paares richtet sich Glöckchen einen zweiten Lebensmittelpunkt ein. Chibis eigentlicher Besitzer ist der Nachbarsjunge. Er und seine Familie erhalten den größten Teil ihrer Zuneigung. Chibi weiß, wo sie hingehört, lässt sich aber nichts vorschreiben. Mit Chibi erwacht auch der Garten rund ums Gartenhaus mehr zum Leben. Es offenbart sich ein kleines Paradies. Das junge Paar wird von Chibis Lebensfreude angesteckt. Bald schreibt die Frau ein Tagebuch über die Katze, in der sie die besonderen Begegnungen mit ihr festhält. „Der Gast im Garten“ handelt von der Liebe zur Natur, zu einer rätselhaften Katze und einem besonderen Zuhause. Neben Chibi gibt es weitere faszinierende Tiere im Garten, wie die Silberlibelle. Das Glück lebt im Augenblick, in den Details. Festgehalten werden die eigentlich alltäglichen Momente auch von den Illustrationen. Quint Buchholz setzt auf zarte Farben und unterstreicht mit feinen Pinselstrichen die Magie der Geschichte. Nichts ist unendlich. Die Tragik nimmt seinen Lauf. Am Ende stellt der Autor Fragen auf und lässt keine Auflösung des Rätsels zu. Was ist wirklich geschehen? Die Neugierde nagt am Leserherz. Andeutungen reichen nicht aus. Die Antwort schwarz auf weiß zu lesen, hätte besänftigen können. So dauert das Zusammenreimen an, und das Rätsel klingt noch eine Weile nach.

Das Cover ist nicht spektakulär. Es hat wie die Geschichte, eine leise Anziehungskraft. Ein Tier kann ein Leben verändern. Es kann trösten, Freude bereiten, verzaubern, den Tag bereichern. Selten, dass die Beziehung zwischen Mensch und Tier in einer Geschichte so eine Ausdruckskraft erlangt. „Der Gast im Garten“ verströmt viel Herzenswärme und hat Lehrreiches parat. Das Glück lässt sich nicht festhalten, aber es lohnt sich jeden Augenblick davon zu genießen.