Kafkaesk!?

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zauberberggast Avatar

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Dieser Roman erscheint mir so, als wäre er bereits in Hinblick auf eine Verfilmung geschrieben. Man kann sich das alles sehr gut auf der großen Leinwand vorstellen: erst der jüdische Teenie, der den eingefrorenen Rabbi findet und die Erklärung sucht indem er seine Familie mit seinem Fund konfrontiert und dann Szenenwechsel ins 19. Jahrhundert, wo der Zuschauer/Leser erfährt, was es mit dem Rabbi Elieser und seiner Starre eigentlich auf sich hat. 

Stellenweise kommt es mir so vor als würde Stern Kafka imitieren wollen, indem er zunächst in einer nonchalanten und einfachen Erzählweise sehr merkwürdige Begebenheiten schildert. Bereits im ersten Satz wird das skurrile Ereignis des Rabbi-in-der-Tiefkühltruhe-Findens so nüchtern erzählt als würde die Tatsache geschildert, dass jemand sich ein Butterbrot schmiert. So etwas gefällt mir eigentlich sehr gut. Im zweiten Teil ist dann alles wiederum sehr metaphorisch-bildlich gehalten und mit Begriffen aus der jiddischen Sprache gespickt. So Sätze wie „An dem übervollen Teich fanden sie mehrere Talmudschulschwänzer vor, die mit hölzernen Kufen wacklige Spiralen und Arabesken auf die jadegrüne gefrorene Oberfläche zeichneten“ finde ich einfach toll und sie nehmen mich dann meistens auch für den Roman im Ganzen ein. Ich weiß nicht, ob dies auch für „Der gefrorene Rabbi“ der Fall sein wird, denn die Geschichte ist schon sehr gewöhnungsbedürftig und ich weiß nicht, ob sie mich über mehr als 400 Seiten bei der Stange halten würde. Aufgrund der – wie ich finde – durchaus vorhandenen literarischen Qualität und dem Einfallsreichtum gebe ich dem Buch, wie es sich mir auf Grund der Leseprobe darbietet dennoch 4 Sterne.