Der gefrorene Rabbi

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Was für ein Werk!

Einhundert Jahre jüdische Geschichte. Ein Parforceritt durch Russland – wo zur Zeit der Pogrome alles beginnt -, Amerika, Israel.

Steve Stern schreibt klug, humorvoll und so dicht und überbordend, dass es einem schwindelig wird.

Als Bernie Karp in der Gefriertruhe seiner Eltern nach einer gefrorenen Leber sucht, um sich damit im ungefrorenen Zustand beim masturbieren zu behelfen, entdeckt er Rabbi Elieser ben Zephir auf dem Grunde der Gefriertruhe. Nach einem Stromausfall taut der Rabbi auf – im wahren Sinne des Wortes: er lernt die Marktwirtschaft kennen, gibt sich ihr mit Freuden hin und nutzt sie für seine Zwecke: er errichtet einen esoterischen Tempel. Sex and Drugs werden zu seinem Lebensmittelpunkt und dem seiner Anhänger. Während des gleichen Zeitraums, in dem der Rabbi „sein Geschäft“ aufbaut, entwickelt sich Bernie Karp vom übergewichtigen Pubertierenden, der in einem Kellerloch im elterlichen Haus wohnt, zu einem jungen Mann, dem immer öfter eine Erleuchtung widerfährt. Und dies besonders häufig, seitdem er eine Freundin hat, der es gefällt, ihn bei seinen Reisen ins Licht zu unterstützen und die so gerne teil hätte an diesen Reisen – und am Ende auch auf eine nicht zu erwartende Weise daran teil haben wird.

Im parallelen Erzählstrang erzählt Steve Stern von der langen Geschichte der chassidischen Juden und des Rabbis Elieser ben Zephir, der seit einhundert Jahren in einem Eisblock von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Als Tradition sozusagen.

Im russischen Boibicze geriet der Rabbi während einer seiner Spaltungen von Seele und Körper in den Dorfteich und wurde darin eingefroren, bevor eine Wiedervereinigung stattfinden konnte. Als Block wurde er dann von den Dorfbewohnern aus dem Eis gehauen, im Kühlhaus verwahrt, zum Kaviarschmuggel dienend nach Amerika verschifft, dort wieder in Kühlhäusern verwahrt ..., bis er 2001 von Bernie Karp in der Gefriertruhe entdeckt und wieder zum Leben erweckt wird. Die Literaturreise führt uns durch Generationen und Familien hindurch, deren Geschichten wir hier so hautnah beschrieben lesen können.

Es ist eine Freude, dieses Buch zu lesen und sich mit den Geschichten in diesem Opus Magnum davon treiben zu lassen.