Vom Weg abkommen

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riraraffi Avatar

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Nach dem Unfall, der sein Leben veränderte, weiß Alex gar nicht wohin mit seinen Gefühlen, vor allem der Wut. Und so richtig verstehen kann ihn sowieso keiner. Die partielle Lösung scheint nah: den Mann finden, der den anderen Wagen fuhr und demnach Schuld am Tod seines Vaters und der Behinderung der Mutter ist. Und so gerät er an die Gruppierung “Black Boys”, Jugendliche, die es auf Ausländer abgesehen haben. Diese helfen natürlich zu gerne, den ausgerechnet schwarzen Fahrer zu finden. Das Alex so zusammen mit seinem Kumpel Teo fest in dieses Netz radikaler Gewalt eingesponnen wird und nicht mehr einfach raus kann, bringt ihn in Gefahr.

Der Roman vereint in seiner Kürze eine Bandbreite von Problemen. Trauer und Wut bei Verlust eines geliebten Menschen, Rassismus in Italien und gefährliche Gruppendynamiken. Diese werden hier clever und logisch kombiniert, sodass sie sich nicht aufheben oder stören. Sehr berührend sind besonders die Stellen, wo Alex seinen toten Vater “sieht”. Wichtig finde ich, dass das nicht als etwas psychisch problematisches oder rührseliges dargestellt wird, sondern als Teil des Trauerprozesses. Auch die Beziehung zur Mutter, die trotz weniger aktiver Auftritte einen tollen Charakter darstellt, lässt einen mit einem Lächeln und auch Hoffnung für Alex zurück.
Durch den Roman lässt sich sehr gut nachvollziehen, wie auch eigentlich “anständige” Jugendliche schnell in falsche Kreise geraten können. Da Gewalt ein explizites Thema ist, erschien mir das Ende etwas zu sehr nach Happy End, auch es eher offen gestaltet ist. Die Probleme und Taten sind zu komplex, um es auf diese Art auslaufen zu lassen.
Die wohl wichtigste Message galt nun aber der Wut, die Alex seit dem Tod seines Vaters begleitet. Und dieser wird doch ein gebührendes und rührendes Ende gesetzt, sodass ich diesbezüglich ein Happy End mehr als dulde. Vom Weg abkommen bleibt nicht ohne Folgen, sei es beim Autofahren oder im Leben, doch Gabriele Clima führt den Begriff der Zustandsveränderung ein und zeigt auf: Es geht weiter, manchmal halt anders.
Ein schöner, kurzweiliger Roman, der viel aufwühlt, aber genauso viel wieder einordnet.