Mitreißende vietnamesische Familiengeschichte

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Schon das wundervoll gestaltete Cover machte mich neugierig auf diesen einzigartigen Roman. Es sticht einem sofort ins Auge durch die intensiven Farben. Der Einstieg ins Buch ist mir nicht so leicht gefallen, da ich die vietnamesischen Namen zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig fand. Der Stammbaum auf den ersten Seiten ist da wirklich hilfreich. Aber man findet schnell rein in die Geschichte. Außerdem sind die vietnamesischen Sprichwörter gleich mitübersetzt worden. Es wird abwechselnd aus zwei Zeitebenen erzählt – einmal aus Sicht der Großmutter, die uns in die Erlebnisse aus der Vergangenheit ab 1930 eintauchen lässt – und zum Anderen aus Sicht der heranwachsenden Enkelin Hu'o'ng (auch Guave genannt). Geschickt verbindet die Autorin die beiden Zeitstränge am Ende des Buches. Es sind viele eindrucksvolle Geschichten, die von den tragischen Vorkommnissen in Vietnam erzählen.
Der fast schon poetische Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat mich mit ihrer wunderschönen, bildgewaltigen Sprache direkt in ihren Bann gezogen. Ich war komplett in der tiefgründigen Familiengeschichte gefangen. Man merkt beim Lesen sehr deutlich, wie viel Zeit, persönliche Erfahrungen und Recherche die Autorin in den Roman gesteckt hat. Mir hat das Buch zudem einen tiefen Einblick in die vietnamesische Geschichte und Kultur gegeben (z.B. hatte ich zuvor nichts über die sogenannte Landreform gewusst, bei der reiche Grundbesitzer teilweise grundlos enteignet und brutal ermordet wurden). Die Protagonisten sind insbesondere starke Frauen, die alles für ihre Familie tun und über Generationen versuchen die unterschiedlichsten Gräueltaten und Schicksalsschläge zu überstehen. Die Familie wird durch den Krieg komplett auseinander gerissen. Kinder müssen bei Fremden zurückgelassen werden. Ich möchte dabei nicht zu sehr ins Detail gehen, aber neben Bombenangriffen, Hungersnöten, brutalen Hinrichtungen, Misshandlungen und Krankheit wird die Familie von fast keinem Schicksalsschlag verschont. Ich konnte mich stark mit der Großmutter und der Enkelin Hu'o'ng identifizieren und habe mitgelitten. Die Figuren sind durchwegs sympathisch, man empfindet starkes Mitgefühl und kann die Handlungen und Reaktionen komplett nachvollziehen. Immer wieder wird die Geschichte von einzelnen Lichtblicken und friedvollen Momenten mit Hoffnung bereichert und lässt einen weiter an das Gute im Menschen glauben.

Fazit: Ein sprachgewaltiger, intensiver und fesselnder historischer Roman, der für mich ein absolutes Jahreshighlight darstellt – ich kann diesen definitiv weiter empfehlen und wünsche dem Buch viele begeisterte Leser.