Das Marschmädchen

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Kya lebt alleine im Marschland an der Küste North Carolinas. Ihr Leben ist geprägt von Verlusten, als sie sechs Jahre alt ist, geht die Mutter, ihr folgen die größeren Geschwister und schließlich kehrt auch der alkoholsüchtige Vater nicht mehr nach Hause zurück. Irgendwann werden die Behörden auf sie aufmerksam, doch da hat Kya schon längst gelernt, zu überleben und ihren eigenen Weg zu gehen. Zwei (junge) Männer verändern schließlich ihr Leben: erst Tate, später Chase. Doch Chase wird 1969, als Kya 24 Jahre alt ist, tot am Fuße eines Turmes aufgefunden. Spuren gibt es keine. Schnell entspinnt sich ein Gerichtsverfahren mit Kya als Hauptverdächtige, die plötzlich ihre Menschenscheu ablegen und sich verteidigen muss.



Delia Owens erzählt Kyas Geschichte so sprachgewaltig, mit so atmosphärischen Naturbildern, dass man neben Kya an ihrem kleinen Strand zu stehen glaubt, dass man mit ihr die Möwen füttert, mit im Boot sitzt, wenn sie zum einkaufen fährt. Es ist ein Wechsel aus Kyas frühem Erwachsenwerden in nahezu Isolation, ihren späteren (Liebes-)Beziehungen und der Gerichtsverhandlung. Erzählt wird dabei aus der 3. Person mit allwissendem Erzähler, wobei insbesondere in den Abschnitten von 1969, in denen Chase Andrews Leiche gefunden wird, auch aus Sicht der Polizisten erzählt wird. Immer mal wieder bekommt man absatzweise kurze Eindrücke in die Gefühlswelt der anderen Protagonisten. Im Wesentlichen jedoch geht es um Kya und ihr Erleben und das ist schon erstaunlich, was sie in jungen Jahren geschafft hat. Wie sie zunehmend selbstständig wird, weil sie es muss. Die Autorin meint dazu, dass wir alle das Potential hätten, wenn wir es müssten. Ich bin mir da nicht so sicher. Nicht alle sind wie Kya, sie ist schon etwas Besonderes. Ein wahres Kind von Mutter Natur eben. Diese feinen Beobachtungen und die Details wirken auf mich sehr liebevoll und zeugen vom Respekt, den die Autorin selbst der Natur entgegen bringt. Sie hat selbst viele Jahre in der Wildnis gelebt und dort Tierforschung betrieben.

Manche Szenen kommen nah an den Kitsch heran, aber für mein Empfinden eben nicht ganz. Am Ende passt alles sehr gut zusammen und zur Grundstimmung, die sich im Laufe des Buches entfaltet. Die Gerichtsverhandlung stellt einen großen Kontrast zur ersten Hälfte des Buches dar, in der die Natur und das Leben mit ihr alles dominiert. Ich fand diesen zweiten Teil sehr spannend zu lesen. Der komplette Roman im Stile der ersten Hälfte wäre mir zu eintönig geworden, denke ich.



Fazit:

Ich habe erst zwischen 4 und 5 Sternen geschwankt, weil es nicht direkt ein neues Lieblingsbuch ist. Insgesamt hat es mir aber sehr gut gefallen, ich mochte die Atmosphäre und die Stimmung, die wortgewaltige und bildhafte Sprache und ein richtiges Argument für den Sternabzug ist mir nicht eingefallen. Gerne mehr von dieser Autorin!