Kya, das einsame Marschmädchen

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Der Gesang der Flusskrebse, Romandebüt von Delia Owens, 464 Seiten erschienen im Hanser Verlag.
Ein Roman über das harte, einsame Leben des Marschmädchens Kya.
Die Leiche des angesehenen Bewohners von Barkley Cove, Chase Andrews wurde unterhalb eines Feuerwachturms im Sumpf gefunden. War es ein Unfall, oder könnte jemand nachgeholfen haben? Die Bewohner des Küstenstädtchens sind sich einig. Schuld kann nur Kya, die wilde Bewohnerin des Marschlandes sein. Ihre Geschichte und was wirklich geschah, wird in diesem Buch auf wundervolle Weise erzählt.
Dieses Buch könnte mein Lesehighlight 2019 werden, was für ein starkes Debüt! Die Handlung setzt ein als Kyas Mutter die Familie und den brutalen Vater, einen Trinker verlässt. Schon ab dem ersten Kapitel bin ich in dieser bildmalerischen Geschichte voller Poesie versunken. Die Autorin bediente sich der auktorialen Erzählweise, so gelang es mir jederzeit den Überblick über das Geschehen zu behalten, ganz nah dran an den verschiedenen Personen. Zwei Zeitebenen, in den 50er Jahren und in der Gegenwart, wobei letztere die Ermittlungen um den Todesfall und die Verhandlung beinhalten, erhöhen das Lesetempo und die Spannung. Der Kriminalfall ist so undurchsichtig, dass ich bei der Gerichtsverhandlung, die Seiten so schnell wie möglich gelesen habe. Immer wieder war ich erstaunt, wie viele Seiten weiter ich schon wieder gekommen bin. Ungerne habe ich das Buch aus der Hand gelegt und wenn, dann habe ich über den Roman nachgedacht. Die Karte vorne im Buch und die bildgewaltigen Beschreibungen der Tier und Pflanzenwelt, haben das Marschgebiet von North Carolina vor meinem inneren Auge erstehen lassen. Man merkt dem Geschriebenen unbedingt an, dass es sich bei der Autorin um eine Biologin, die schon dort gelebt hat, handelt. Fauna und Flora des Marschlandes waren perfekt beschrieben. Z. B. das Aussehen und Verhalten der Vögel sind toll geschildert, Delia Owens weiß, wovon sie schreibt. Lebhafte Dialoge in der Sprache der einfachen Leute machten die Erzählung lebendig. Dieses Buch strahlt unglaublich Atmosphäre aus. Die Charaktere handelten nachvollziehbar und authentisch. Wären Jumpin und seine Frau Mabel nicht gewesen, hätte Kya wohl nicht überleben können, sie gehören zu meinen Lieblingsfiguren. Dass Tate während seiner Studienzeit mit Kya gebrochen hat, konnte ich ihm allerdings nicht verzeihen. Unglaublich traurig machte mich die Einsamkeit Kyas, ihr kurzer Schulbesuch, die Beschreibung des Familienlebens und der Verrat derer Menschen, denen sie ihr Herz geschenkt hat. Sogar den Übergang vom Mädchen zur Frau musste sie ganz alleine meistern. Ihre innersten Gedanken z.B. in der Gefängniszelle haben mich ganz tief berührt. Mir hat besonders gut gefallen, dass ich nie das Gefühl hatte, so eine Geschichte schon einmal gelesen zu haben. Stete Wendungen und ein überwältigendes Ende, haben mich überrascht. Die eingefügten Gedichte passen gut zum Geschehen und ergeben eine Melodie – den Gesang der Flusskrebse.
Ich kann dieses Buch nur von ganzem Herzen empfehlen und vergebe dafür fünf Sterne