Leben im Einklang mit der Natur

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hennie Avatar

Von

“Ein schmerzlich schönes Debüt, das eine Kriminalgeschichte mit der Erzählung eines Erwachsenwerdens verbindet und die Natur feiert.” The New York Times

Dieser Aussage möchte ich mich anschließen. Delia Owens erzählt in ihrem Debüt eine berührende, eindrucksvolle Geschichte vom besonderen Schicksal des "Marschmädchens“.
Catherine Danielle Clark, genannt Kya, das Marschmädchen, lebt im Marschland (daher auch der Name) an der Küste von North Carolina. Ihr Lebensraum ist voller seltener Tier- und Pflanzenarten, die sie ein Leben lang begleiten und beschäftigen werden.
Bereits mit 6 Jahren wird sie nach und nach von allen verlassen, von der Mutter und ihren vier älteren Geschwistern. Nur der gewalttätige, heruntergekommene Vater bleibt zurück, der allerdings ein verwahrlostes Alkoholikerleben führt. So ist die Kleine auf sich allein gestellt, mit 10 Jahren vollkommen nach dem endgültigen Verschwinden des Vaters.

Vom ersten Moment an war ich von der unglaublichen Persönlichkeit Kyas in den Bann gezogen. Es ist erstaunlich wie weit es dieses naturverbundene Mädchen gänzlich ohne Schulbildung bringt, wie sie sich ihre Welt erobert, zum Teil der sie umgebenden Natur wird.
Sie liebt diese Marschlandschaft mit ganzer Kraft und, nachdem sie von ihrem Kindheitsfreund Tate lesen und schreiben gelernt hatte, auch Gedichte. Kya lebt ihr Leben in Einsamkeit, sie meidet den Kontakt mit den Bewohnern von Barkley Cove, nachdem sie unliebsame Erlebnisse erdulden musste. Ihre einzigen Verbündeten sind Jumpin und Mabel, die selbst am Rande der Gesellschaft, in der Schwarzensiedlung, leben.
Kya wird enttäuscht von Menschen, denen sie sich geöffnet hatte, wird verspottet, diskriminiert, in ihren intimsten Gefühlen verletzt, verraten und betrogen. Sie zieht sich im Laufe der Jahre immer mehr zurück. In eine sehr prekäre Lage gerät Kya, als die Leiche eines jungen Mannes in der Marsch gefunden wird. Die junge Frau kommt vor Gericht und der Prozeß vor einem voreingenommenen Publikum beginnt. Wie Delia Owens die Geschichte um Kya weitererzählt, war für mich ergreifend zu lesen. Die Auflösung gefiel mir sehr. Die Beschreibung der Handlung erfolgt in zwei Zeitebenen, 1952 und 1969. Die beiden Handlungsstränge fügen sich fabelhaft und gut nachvollziehbar ineinander.

Fazit:
Ich habe „Der Gesang der Flusskrebse" als ebook gelesen.

Die Hauptperson Kya ist eine starke, ungewöhnliche Figur in extremer Einsamkeit, die die Natur als Ersatz für menschliche Bindungen erfährt. Sie hat ihre eigene Lebensrealität fernab von einer snobistischen, kaltherzigen Gesellschaft in der kleinen Stadt, die das Mädchen verachten. Ich empfand ihre Lage nie als zu traurig, beileibe nicht als zu melancholisch, obwohl sie sehr oft allein ist. Das alles hat Delia Owens zusammen mit wunderbaren Naturbeschreibungen in einen sprachlich gewandten Kontext gebracht. Sie fügte mehreres (Krimi, Liebesgeschichte, Gerichtsschauspiel) zu einem glaubhaften, wenn auch manchmal etwas zu idealisiertem Ganzen zusammen. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten, vermute allerdings, dass dieses Buch eher die weibliche Leserschaft begeistern wird.

Das mich emotional stark berührende Werk bereitete mir viel Freude und spannende Lesestunden.
Es war für mich ein Lesehighlight 2019!
Deshalb bewerte ich mit fünf von fünf Sternen und gebe gern die Lese- und Kaufempfehlung.