Wichtige Themen, wunderschöne Kulisse, aber etwas kitschig und konstruiert

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helena Avatar

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3,5 Punkte
Ein Familien-, Frauen- und Kriminalroman in Einem, erzählt auf verschiedenen Zeitebenen, die im Verlauf zusammen fließen. Die Kulisse bildet das Marsch- und Sumpfland nahe des Meeres. Die Hauptprotagonistin Kya lebt dort seit ihrer Kindheit ganz allein. Erst von der Mutter, dann von ihren Geschwistern und letztendlich auch von ihrem gewalttätigen alkoholabhängigem Vater verlassen. So wurde dann die Marsch zu ihrer Mutter, die Natur zu ihrer Familie. Sie selbst entwickelt sich im Laufe der Jahre zu einer Expertin für die dortige Flora und Fauna.
Kya lebt sehr scheu und zurückgezogen. Tate, ein Freund ihres Bruders, bringt ihr als Jugendliche das Lesen bei. Die beiden verlieben sich ineinander, jedoch zieht Tate weg, um auf das College zu gehen. Irgendwann lernt Kya den attraktiven Frauenheld Chase kennen, der um sie wirbt.
Der Leser erfährt gleich zu Beginn, dass Chase tot aufgefunden wurde. Die Ermittlungen weisen bald auf Kya, die schnell zur Hauptverdächtigen wird.

Aufgrund des Titels und auch des Covers (beide gefallen mir ausnehmend gut) hatte ich irgendwie große Erwartungen an einen schönen poetischen Schreibstil. Hier wurde ich leider enttäuscht. Die Sprache ist recht einfach gehalten und auch die eingestreuten Gedichte konnten mich nicht berühren. Die Autorin verwandte sehr viel tierische Metaphern, häufig im Stil von: "flach gegen den Eisschrank gedrückt, wie ein überfahrener Storch" oder "dünn wie 'ne Zecke an 'nem Fahnenmast" oder auch "drinnen ist es heiß wie Wildschweinatem" usw. Das irritierte mich erst ein wenig, dann fand ich es eher unfreiwillig komisch, und entwickelte sich dann zu einem running gag..:) Viele Natur- und Tierbeschreibungen empfand ich leider auch etwas zu dürftig, da die Autorin oft nur benannte, statt beschrieb.
Nichtsdestotrotz öffnete mich der Roman für diese besondere Landschaft, die Marsch, und machte mich sehr neugierig. Viele erwähnten Vögel sah ich mir auch gleich im Internet an, da ich sie nicht kannte.

Die Geschichte wusste mich grundsätzlich zu fesseln. Gegen Ende wurde es mir jedoch etwas zäh und wirklich überraschende Wendungen blieben aus. Einige Dinge fand ich leider auch zu kitschig (z.B. die Liebesgeschichte zu Tate), viele Handlungsabläufe wirkten zu konstruiert und die Protagonisten blieben einseitig und schablonenhaft.

Dennoch gefiel mir Kya, als weibliche Hauptfigur gut. Sie wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Trotz Einsamkeit und Ängsten geht sie ihren eigenen Weg und ist einfach eine starke Frau.
Auch die Themen, die der Roman in sich vereint, haben mich berührt und zum Nachdenken angeregt. Es geht neben der Naturverbundenheit um Familie, Mutterschaft und Liebe sowie um Gewalt gegen Frauen, Rassismus und Ausgrenzung.
An einigen Stellen hätte ich mir jedoch auch hier noch mehr Tiefgründigkeit gewünscht, z.B. zu der bitteren, aber auch spannenden Frage, die Kya zeitlebens beschäftigt: Warum Mütter ihre Kinder verlassen.

Fazit: Ein einfach konstruierter Unterhaltungsroman mit wichtigen Themen und einer wunderbaren Kulisse, der im Gedächtnis bleibt, aber mehr verspricht, als er zu halten vermag.