Literarische Spannung

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medsidestories Avatar

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Warum irgendwer auf die Idee gekommen ist, dieses Buch "Der Gott des Waldes" zu nennen, erschließt sich mir nach der kompletten Lektüre aller 590 Seiten nicht.
Beinahe hätte ich das Buch nicht gekauft, weil ich an einen Thriller mit paranormalen Elementen geglaubt habe. Die finden sich in diesem Spannungsroman, der noch viel mehr ein Gesellschaftsroman ist, jedoch nicht. Es geht um das Verschwinden der zwei Kinder der wohlhabenden Familie Van Laar - mit 15 Jahren Abstand, und um die Menschen, die mit dieser Familie in Verbindung stehen. Aus zahlreichen Perspektiven erzählt die Autorin von einem großen dunklen Haus in einem Naturschutzgebiet, von einem Feriencamp, vom Wald in den Adirondiacks, davon, wie die starren Strukturen sozialer Schichten ein Leben prägen und auch zerstören können. Dabei werden über Jahrzehnte hinweg unterschiedliche Zeitebenen umspannt.
Ich habe selten ein Buch gelesen, das so komplex ist, ohne verwirrend zu sein. Das so gut darin ist, über viele Seiten hinweg, die Spannung aufrechtzuerhalten, ohne dabei laut oder blutrünstig zu sein. "Der Gott des Waldes" hat einen merkwürdigen Titel, ist aber ansonsten ein selten gut geplottetes und cleveres Buch. Ein wirklich gelungenes Mix Up aus Familien-, Spannungs- und Gesellschaftsroman. In seinem Kern klassisch amerikanische Literatur, und doch in den inhaltlichen Details und der handwerklichen Ausführung einzigartig.
Bisher eines der besten Bücher des Jahres für mich!