Heile Familienwelt

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krimielse Avatar

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In ihrem Debüt „Der größte Spaß, den wir je hatten“ erzählt die Autorin Claire Lombardo auf mehr als 700 Buchseiten die Geschichte einer Großfamilie, die zwar von Streitereien und modernen Neurosen geprägt ist, aber dennoch sehr gut funktioniert. Ganz nach dem Motto reine Harmonie ist langweilig und sowieso unrealistisch bereitet die Autorin das Parkett für die Auftritte von Marilyn und David sowie deren vier Töchtern Wendy, Violet, Liza und Grace. Dass es sich dabei eher um Unterhaltung statt großer Literatur handelt liegt dabei wohl in der Natur der Sache, und dass die Feiertage zu Thanksgiving am Ende des Buches Versöhnung und Familienfrieden nach vielen Querelen und Zerwürfnissen bringen wohl auch.

Der Roman feiert letztlich die dauerhafte Ehe und lebenslange erotische Anziehung des Paares Marilyn und David, was allein schon diese Familie heutzutage zu etwas Besonderem und Schönem, aber auch Weichgezeichnetem und Märchenhaftem macht. Die Einhaltung der Traditionen - Mann als Versorger und Frau bekommt viele Kinder und verzichtet auf ihre berufliche Karriere - und das Familienglück, der feste Zusammenhalt und die Hilfe in allen Lebenslagen für die vier Töchter mit Netz und doppeltem Biden, durch das auch ein uneheliches und weggegebenes Kind einer der Töchter nicht durchfällt, sind für mich schon fast ein bisschen realitätsfern.

In den USA hoch gelobt und gefeiert ist das Buch ein bisschen rosarote Brille gespickt mit vielen Problemchen und Problemen, die aber dank der Familie abgefedert und gelöst werden können.
Es liest sich alles sehr gut und schnell weg, sprachlich bewegt sich das Buch auf einem durchaus literarischem Niveau, und offenbar hat die Autorin ihre Hausaufgaben hinsichtlich der großen Vorbilder des Amerikanischen Storytelling mit Bravour erledigt. Aber mir persönlich ist vieles in der Geschichte zu glatt und zu leichtgängig. Wirkliche Brüche und Verwerfungen gibt es nicht, und nach spätestens der Hälfte des Buches langweilt die Beschreibung der guten Ehe von Marilyn und David mit der neidisch machenden ständigen körperlichen Anziehung fast ein bisschen.
Es ist ein lesenswertes Buch für alle, die gerne eine heile Welt mit garantiertem Sonnenschein nach Regen möchten, Unterhaltung auf sprachlich gutem Niveau, mit Spannung durch viele Blenden mit Cliffhangern und raffinierten zeitlichen Rückblicken. Das liest sich manchmal ein bisschen nach guter Schreibschule, nicht überfordernd und alles andere als stilistisch langweilig. Ich selbst bevorzuge allerdings die realistischeren unheilen und unrunden Geschichten.