Niveauvoller und liebenswürdiger Familienroman, der berührt, witzig ist und nachdenklich macht

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helena Avatar

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Marilyn und David lernen sich in der Studienzeit kennen. Während David sein Studium beendet und als Arzt praktiziert, wird Marilyn schon bald schwanger. Zugunsten der Kindererziehung verzichtet sie auf ihr Studium, zudem auch rasch die zweite Tochter folgt...und die dritte...und die vierte. Mittlerweile sind diese vier Töchter, teils nach schwierigen Jugendjahren, erwachsen und führen nun mehr oder weniger eigenständige Leben mit all den dazugehörigen Höhen und Tiefen.
Eines Tages taucht Jonah auf. Vor 15 Jahren wurde er von der zweitältesten Tochter Violet zur Adoption freigegeben. Kaum jemand aus der Familie weiß davon und Violet würde dieses Lebenskapitel am liebsten komplett vergessen. Doch Jonah ist nun da und bringt, auch mit seiner Art, einige feste und nicht so feste Strukturen dieser Familie ins Wanken.

Als LeserIn erhält man Einblicke in die Entwicklungswege und Perspektiven der Töchter und erfährt wie die Eltern zueinander fanden und welche Hürden sie meistern mussten. Die Schilderung dieser recht privilegierten, sich nicht mit Existenzsorgen plagen müssenden Arztfamilie erschien mir relativ authentisch. Alle Figuren werden facettenreich und etwas neurotisch gezeichnet. Nur Jonah war mir etwas zu glatt gezeichnet, so als ob sein durchgerütteltes Leben mit ständigen Beziehungsabbrüchen keine sonderlichen Spuren hinterlassen hätte.

Trotz des Umfangs langweilte ich mich in keiner Sekunde. Ganz im Gegenteil. der Roman fesselte mich. Er ist überraschend witzig und amüsant, aber auch traurig, ernst und irgendwie lebensklug geschrieben. Eigentlich erstaunlich in Anbetracht des relativ jungen Alters der Autorin. An vielen Stellen berührte er und machte nachdenklich und inspirierte, eigene Erfahrungen und Beziehungen zu reflektieren.
Mir gefielen die positiven wie auch negativen Dinge, die einfach ziemlich lebensecht geschildert wurden, wie z.B. die Dauererschöpfung der Mutter und die unperfekte Erziehung, obwohl dennoch im Großen und Ganzen Liebe für alle da war und sie ein gelungenes Vorbild abgab. Die Frage, wieso die Töchter eigentlich teilweise solche Schwierigkeiten oder auch Störungen hatten, obwohl sie in einer stabilen elterlichen Ehe aufwuchsen, begleitete mich durch den Roman. Besonders interessant und gelungen fand ich diesbezüglich auch die Beleuchtung der Geschwisterfolgen, Geschwisterrollen und -beziehungen.

Fazit: Niveauvolle Unterhaltung, die Freude macht und sogar Lebensmut gibt, obwohl und indem die schweren und unglückseligen Dinge nicht ausklammert werden. Besonders für "ältere" Menschen (Ü30) geeignet oder für Menschen, die sich mit Mutter- Tochter Beziehungen oder auch Geschwisterbeziehungen auseinandersetzen möchten. Für andere mag es eventuell zu langweilig sein.