Die Lücken zwischen den Tatsachen

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biancaneve_66 Avatar

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Als an einem Freitag, den 13., am helllichten Tag in New York Andrew Green einem Attentat zum Opfer fällt, wird viel über seinen Tod – und sein Leben - gerätselt. Ohne den Einzelgänger Green gäbe es in der Metropole wohl weder den Central Park noch die New York Public Library. Dennoch hatte er nicht nur Zustimmung zu seinen Plänen erhalten. Das Buch zeigt Stationen aus Greens Leben auf, mit all seinen Facetten, auch den Fehlern und Missverständnissen.
Ein Cover – schön und schlicht wie bei Diogenes gewohnt; und auch aussagekräftig, mit der Zeichnung eines Elefanten, auf welchen der Grundriss einer Stadt projiziert ist. Eine Stadt, die groß ist, eine Stadt, die Andrew Green zu groß gemacht hat? Der Elefant verweist nicht nur auf die Größe, sondern auch auf ein Erlebnis von Inspector McClusky, der im Mordfall Green ermittelt. Die Kapitelüberschriften entsprechen den Namen der Eingangstore zum Central Park und verweisen in ihren Bezeichnungen immer auch auf den Inhalt der Abschnitte. Der Schreibstil des Autors ist prägnant und präzise, aber niemals eintönig. Auch ernstere Stellen lockert er mit humorvollen Randbemerkungen auf und fasziniert den Leser so immer mehr vom Leben des Selfmademan. Lee versteht es mit seinem Stil eine einzigartige Atmosphäre zu schaffen und lässt dazu auch viele seiner Sätze als Fragen offen. Die Geschichte wechselt zwischen der Gegenwart von 1903, in die die Ermittlung des Mordes fällt und den verschiedenen Abschnitten von Greens Leben, angefangen von seiner Kindheit auf einer Farm in Massachusetts, bis zum Ende seines erfolgreichen Lebens in New York.
Green war schon als Kind ein Einzelgänger, wanderte stundenlang mit seinem Notizblock durch die Umgebung der elterlichen Farm. Ganz greifbar wird er auch im Lauf der Geschichte nicht, er bleibt für sich. Eine faszinierende Persönlichkeit, die nicht einer gewissen Sympathie entbehrt. Für seine Kritiker war die Erweiterung New Yorks „der große Fehler“, dabei hat er sich nur die Stadt erschaffen, die er schon als Jugendlicher finden wollte. Er tritt für verschiedenste Belange des gesellschaftlichen Lebens ein, so ist er im Vorsitz einer Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeit gegen Kinder oder fordert die Verbesserung der Lebensbedingungen von Farbigen - als Ausgleich zur Vertreibung aus ihren Häusern, auf deren Grund der Central Park entstanden ist? Auch alle Personen, die Green im Laufe seines Lebens trifft, teils zufällig, teils auch indem er die Zufälle selbst hervorruft, haben ihren eigenen, ganz speziellen Charakter und ihre interessante Lebensgeschichte.
Insgesamt ist es ein Buch, das man nicht so genau beschreiben kann; nachdenklich, gefühlvoll und humorvoll geschrieben, sollte man es besten selber lesen.