Porträt einer vergessenen Persönlichkeit

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petris Avatar

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Kennen Sie Andrew Haswell Green? Ich kannte ihn bis zu diesem Roman auch nicht. Dabei ist der Stadtplaner Green jener Mensch, der das New York, das wir heute kennen, mitgeschaffen hat. Ihm verdankt die Stadt unter anderem den Central Park, die New York Public Library und auch den Zusammenschluss von Brooklyn und Manhattan. Ein Denkmal sucht man in ganz New York vergeblich, einzig eine versteckte Marmorbank im Central Park ist ihm gewidmet. Wie schön, dass der Autor Jonathan Lee diese spannende Persönlichkeit mit seinem Roman wieder in Erinnerung ruft.
Erzählt wird die Lebensgeschichte von Andrew Green, der aus einfachen Verhältnissen stammt, dessen Anfang in New York aus einer Handelslehre besteht. Wenig würde vermuten lassen, wozu dieser junge Mann noch fähig sein würde. Mit viel Zähigkeit, aber auch Geschick und etwas Glück, gelingt es ihm, sich hochzuarbeiten und seine Visionen zu verwirklichen.
Lee beginnt den Roman am Ende des Lebens des Stadtplaners. Er ist inzwischen betagt, aber noch immer voller Ideen, da wird er mit 83 vor den Stufen seines Hauses erschossen. Warum? Wahrscheinlich ein großer Irrtum, wie sich heraus stellt. Auf der Suche nach der Wahrheit begleiten wir den Inspektor, der diesen Fall klären soll. Abwechselnd dazu wird Greens Leben von Anfang an chronologisch erzählt, Kindheit, Jugend, erste Schritte des Erfolgs. Das ergibt eine spannende Struktur und fügt sich zu einem gelungenen Ganzen.
Auch sprachlich hat mich dieser biografische Roman völlig überzeugt und begeistert, anspruchsvoll, dennoch gut zu lesen.
Der Autor schreibt in einem Interview am Ende des Buches: „Ich wollte einen historischen Roman schreiben, der anarchisch, chaotisch, witzig, erschütternd und berührend ist.“ Ich finde, das ist ihm hervorragend gelungen. Damit hat er Andrew H. Green ein verdientes Denkmal gesetzt, vielleicht erinnert man sich jetzt wieder an diese beeindruckende Persönlichkeit, dessen Ansätze und Philosophie auch heute noch/wieder mehr als modern sind:
„Im New York des 19. Jahrhunderts glaubte Green an den öffentlichen Raum, die öffentliche Gesundheit, die öffentliche Bildung, die Förderung der Künste, und er sah auch voraus, dass die Verschmutzung der Umwelt oft die Ärmsten am härtesten trifft. Er sah, dass die beste erste Chance auf eine etwas gerechtere Gesellschaft darin bestehen könnte, saubere Luft zu schaffen, die alle atmen können, nicht nur die Reichen.“
Auf dass viele Menschen diesen Roman lesen, Andrew Green entdecken und von ihm zum Nachdenken angeregt werden. Von mir gibt es eine begeisterte Empfehlung.