Leben zwischen Leidenschaft und Pflicht

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Der grüne Palast von Peggy Hohmann ist ein Briefroman nach einer wahren Begebenheit. In dessen Mittelpunkt stehen das Schicksal der 19jährigen österreichischen Erzherzogin Leopoldine sowie das (fiktive) ihrer Erzieherin Gräfin Anna Christina Lazansky. Weitere Protagonisten sind Fürst von Metternich, der portugiesische Diplomat Marquis de Marialva sowie Leopoldines Schwester Marie-Louise.

Historischer Schauplatz der Handlung ist der Wiener Hof zur Zeit des Biedermeier: Die republikanischen Kräfte setzen den Monarchien zu. Nach den napoleonischen Kriegen wurde Europa auf dem Wiener Kongress 1815 neu geordnet. Hierbei spielt der Österreichische Außenminister Fürst Metternich eine gewichtige Rolle. Metternich sorgte bereits dafür, dass eine Tochter des österreichischen Kaisers mit Napoleon I verheiratet wurde. Um Österreichs Territorialverluste nach den napoleonischen Kriegen auszugleichen und die Staatsfinanzen zu sanieren, wird der Sohn des portugiesischen Königs zum Ehemann für die junge Leopoldine ausgesucht. Die portugiesische Königsfamilie residiert zu der Zeit in seiner überseeischen Kolonie in Brasilien, wohin Leopoldine nach einer Ferntrauung mit ihrem Gefolge übersiedelt.

Erzherzogin Leopoldine von Österreich hat früh ihre Mutter verloren. Sie vertraut seitdem der Gräfin Lazansky sowie ihrer älteren Schwester Herzogin Marie-Louise, die nach der Abdankung ihres Mannes Napoleon I in Parma lebt. Mit Marie-Louise steht sie in engem Briefkontakt.
Nach dem Fürst von Metternich die „Allianz zu beiderseitigem Vorteil“ mit dem portugiesischen Thronfolger Dom Pedro arrangiert hat, dreht sich im zweiten Teil des Buches alles um die Reise nach Brasilien. Leopoldines Ängste und Fragen bezüglich des fernen Landes und des ihr unbekannten Ehemannes werden nach besten Wissen bzw. Unwissen von den Menschen um sie herum zerstreut. So reist sie voller Erwartungen in die neue Welt.
Die Gattung des Briefromans erlaubt es, dass der Leser die unterschiedlichen Sichtweisen der Protagonisten erfährt und somit oft mehr weiß als Leopoldine, was sich manchmal schwer aushalten lässt. Führt man sich vor Augen, dass ein Brief von und nach Brasilien durchaus drei Monate unterwegs gewesen sein könnte, fiebert und leidet man mit Leopoldine, bis wieder ein Brief aus der Heimat eintrifft. Eine knisternde Spannung und somit einen Genuss bietet der Briefwechsel zwischen der Gräfin Lazansky und Fürst von Metternich: Beide sind wortgewandte Briefeschreiber, die der ganzen Geschichte etwas Tröstliches geben.
Mein Fazit: Peggy Hohmann hat ein gut recherchiertes Buch über ein wahres Ereignis geschrieben. Der Leser nimmt teil am Leben Leopoldines, die sich mit ihren Wünschen und Hoffnungen klaglos den Interessen skrupelloser Monarchen und Politikern unterordnet. Das farbenprächtig geschilderte Brasilien bildet einen krassen Gegensatz zum Leben in Europa.
Sprachlich auf hohem Niveau hat mich „Der grüne Palast“ von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Abgerundet wird der Lesegenuss mit Quellenangaben im Anhang und dem wunderschön gestaltetem Cover. Ein Wermutstropfen ist, dass die Briefe undatiert sind und man sich aus dem Inhalt erschließen muss, zu welcher Zeit sie geschrieben sind.