Wahre Erzählkunst

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In der selten gewordenen Form eines Briefromans erzählt die Autorin vom ebenso exotischen wie tragischen Schicksal der Erzherzogin Leopoldine, einer Tochter Kaiser Franz des I. von Österreich. Regelmäßige Verfasser/innen der Briefe ist nicht nur Leoplodine, sondern sind auch ihre Erzieherin Gräfin Lazansky, außerdem der Fürst Metternich sowie der portugisische Botschafter Fürst Marialva. Das Schicksal der Gräfin Lazansky gehört zu dem begrenzten fiktiven Teil des Romans. Ansonsten beruhen die Geschehnisse auf historischen Fakten. Anfang des 19. Jahrhunderts wird Leopoldine mit dem portugisischen Thronfolger Dom Carlos verheiratet, eine Ehe, die vom Kanzler Metternich angebahnt wurde und ausschließlich auf politischem Kalkül beruht. Metternich verschweigt dabei bewusst den jähzornigen, ja gewalttätigen Charakter des Thronfolgers, der sich auch Leoplodine erst im Laufe der Jahre in Gänze offenbart. Doch zunächst muss sie eine lebensgefährliche Schiffsreise nach Brasilien antreten, denn dort hat die portugisische Königsfamile ihren Regierungssitz. Begleitet wird sie nur von der Gräfin Lazansky und ihren Hofdamen. Letztere schickt Pedro bald zurück nach Österreich. Leopoldine und die Gräfin sind ebenso fasziniert wie erschüttert über das farbenprächtige Brasilien. Nicht nur gibt es dort noch Sklaverei, sondern die Bodenschätze werden von der Kolonialmacht Portugal gnadenlos ausgebeutet. Als in Portugal republikanische Bestrebungen ausbrechen, muss der portugisische König zurückkehren. Sein Sohn steigt auf zum Kaiser von Brasilien. Seine Verliebtheit in seine Frau ist mittlerweile verflogen. Rücksichtslos überfällt er einheimische Frauen und vergeht sich an ihnen. Da das Gräfin Lazansky nicht verborgen bleibt, wird auch sie zurückgesandt in ihre Heimat, um Leoplodine im Ungewissen zu lassen.
Die Gräfin und ihr zeitweiser Liebhaber, Fürst Metternich, entwickelten sich für mich zu absoluten Lieblingscharakteren. Ihre Briefe strotzen vor Esprit. Die verwitwete Gräfin ist ein freier Geist, der sich nur widerstrebend hingibt. Mit der knappen Mitteilung, wen sich die Gräfin schließlich zum Ehemann erwählt, hat die Autorin ein überraschendes, aber stimmiges Ende gewählt, das ein wenig über Leopoldines immer härter werdendes Los hinwegtröstet.

Die zeitgenössische Sprache hat Frau Hohmann brilliant eingefangen. Allen Schreibern gibt sie unverwechselbare Stimmen. Ein weiteres Highlight ist die schöne Aufmachung des Buches, passend zum Titel in Grüntönen gehalten und mit Kolibris auf der Vorderseite, die zur exotischen Kulisse passen. Interessante Geschichte, plastische Charaktere, ein Stil, der heutzutage herausragt - der Roman hat mich restlos überzeugt.