Eine etwas anstrengende Fortsetzung

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horrorbiene Avatar

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Auch an diesem Buch habe ich recht lange gelesen, aber im Gegensatz zum ersten Band, war es besonders bis zur Hälfte des Buches schon manchmal ein arger Kampf bei der Stange zu bleiben. Das lag nicht daran, dass das Buch schlechter geschrieben war als sein Vorgänger, sondern daran, dass sich nicht nur die gelungene Konstruktionsweise des ersten Bandes grundlegend geändert hat, sondern zwischen dem ersten und diesem Band ein Bruch stattfand. Konnte man in Das Lied des Blutes noch den Werdegang Vaelins vom Kind zum Krieger nachvollziehen, erleben wir hier die Geschichte nach Vaelins entscheidendem Kampf um Leben und Tod aus vier unterschiedlichen Perspektiven.
Das Buch ist im Grunde ähnlich aufgebaut wie der erste Band. Es besteht aus fünf Teilen, denen jeweils ein Abschnitt aus der Sicht des Historikers Vernier voransteht. Darin erlebt der Leser wie dieser ein Sklave wird und Berichte über Schlachten seiner Herren verfasst. Doch obwohl dies der Konstruktion im ersten Band sehr ähnlich ist, finde ich diese Rahmenhandlung eher konstruiert, da man erst ganz zum Ende hin versteht bei wem Vernier genau ist. Zu Beginn hat mich dieser Rahmen eher verwirrt. Auch die Aufteilung auf die Perspektiven hat dazu geführt, dass das Buch lange Zeit eigenartig parallel verlief. Dadruch empfand ich es größtenteils ermüdend dieses Buch zu lesen. Erst nach gut drei Vierteln des Buches, als klar wurde worauf es hinaus laufen wird, wurde es spanned und lies sich gut lesen. In den Perspektiven erfährt der Leser von Vaelin, Reva, Frentis und Lyrna. Vaelin erreicht wieder heimischen Boden und reist zunächst nach Varinsburg, um vom König zum Herren des Nordturmes ernannt zu werden und anschließend dorthin zu reisen. Auf dem Weg nach Varinsburg trifft er auf die fanatische Reva, die von einem gewaltätigen Priester den Auftrag bekam Vaelin zu töten und das Schwert der Wahrklinge zurück zu holen. Doch stattdessen reist sie mit Vaelin nach Varinsburg und wird unterwegs nicht nur seine Schülerin, sondern auch seine Schwester. Bald trennen sich jedoch ihre Wege und es wird deutlich, dass Reva ein ganz anderes Schicksal zu erfüllen hat. Lyrna ist zunächst auf dem Weg von Varinsburg in den Norden, um dort als Botschafterin zu den Lonakern zu reisen, um dort einen Frieden mit ihnen auszuhandeln. Frentis ist ein Sklave im Volarianschen Kaiserreich und steht dort unter dem Bann einer mysteriösen Frau, mit der er gemeinsam nach einem vorgegebenen Plan mordend durch die Lande zieht mit dem Ziel der Vereinigten Königslande.
Bis auf die Perspektiven von Reva und Vaelin sind also alle Handlungsstränge komplett voneinander unabgänging, doch auch Reva und Vaelin trennen sich bald voneinander. Es wäre alles theoretisch nicht so schlimm, dass alles parallel verläuft, wenn es wenigstens recht schnell absehbar wäre worauf es am Ende hinauslaufen soll. Doch das wird erst recht spät klar. Das machte es trotz interessanter Einzelhandlungsstränge ermüdend zu lesen. Vor allem aber die Geschichte von Frentis war besonders langatmig. Ein Grund warum alles so langwierig wirkte, war auch die Tatsache, dass nichts wiederholt oder zusammen gefasst wurde. So konnte ich mich nicht wirklich erinnern, welche Bedeutung Frentis im ersten Buch für Vaelin hatte und in welcher Beziehung Lyrna und Vaelin nun zueinander standen. Ein kurzes „Was bisher geschah“ hätte mir demnach den Einstieg in das Buch wesentlich erleichtert und mir auch mehr Lesefreude bereitet.
Nichtsdestotrotz ist Der Herr des Turmes ein gutes Buch und eine schlüssige Fortsetzung, wenn ihr auch die geniale Konstruktion und mitreißende Atmosphäre etwas fehlte. Gut gelungen ist jedoch das Erzähltempo denn in diesem Buch vergeht weit mehr als ein Jahr, was dem Leser aber nur anhand der Länge von Revas Haaren und dem Weg, den Frentis zurücklegt deutlich wird. Dennoch bin ich nun sehr gespannt, wie es mit den Figuren und vor allem Vaelin weitergeht und wie sie die große Bedrohung des Volarianischen Kaisereiches nun abwenden wollen.

Fazit: Leider konnte dieser zweite Teil nicht zu 100% an die Qualität von Das Lied des Blutes heranreichen. Dies lag vor allem an der anderen Konstruktionsweise, der in vier Stränge aufgeteilten Handlung und der Tatsache, dass erst recht spät deutlich wurde, worum es eigentlich geht und worauf es hinaus laufen soll. Ab dem Moment wo Richtung und Ziel deutlich wurden, wurde das Buch wesentlich besser und lies sich sehr gut lesen, war es vorher zeitweise doch schon recht zäh und anstrengend. Trotz allem ist dieses Buch jedoch auf jeden Fall lesenswert für alle, die der Reihenauftakt so begeistern konnte wie mich. Ich werde auf jeden Fall auch den nächsten Band lesen, denn ich muss unbedingt wissen, wie es weiter geht!