Eine märchenhafte und mystische Handlung mit düsteren Offenbarungen aus der Vergangenheit!

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jasminh86 Avatar

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,,Der Herzgräber“ (Originaltitel‎: A dark and Secret Place‎) von Jen Williams ist ein Thriller, der am 29. Dezember 2021 im Fischer-Verlag erschienen ist. Ich bin hin- und hergerissen von dieser märchenhaften und mystischen Handlung mit düsteren Offenbarungen aus der Vergangenheit, weshalb ich mir noch einige Zeit nach dem Beenden des Buches viele Gedanken über den Inhalt des Thrillers gemacht habe. Ich fand ihn definitiv nicht schlecht, aber vom Hocker wurde ich jedoch auch nicht gehauen. Warum? Gut unterhalten hat mich die Handlung auf jeden Fall und es gab einige spannende Momente, die mir ordentlich Nervenkitzel beschert haben. Doch auf die Mischung aus Fantasy- und Horrorelementen war ich nicht vorbereitet, weshalb ich mich mit der märchenhaften Geschichte leider etwas schwergetan habe. Das ist der Hauptgrund, warum für mich der größte Teil sehr unglaubwürdig vorkam, auch fand ich viele Momente sehr vorhersehbar. Mich haben zwei Zeitebenen erwartet, die aus der Gegenwart und der Vergangenheit wechseln. Diese haben mir gut gefallen, sodass mich der komplette Zusammenhang bis zum Ende hin doch noch überraschen konnte. Aber auch hier muss ich zugeben, dass der erhoffte Wow-Effekt bedauerlicherweise ausgeblieben ist. Den Strang aus der Vergangenheit fand ich deutlich spannender, da hier von Anfang an sehr verstörende Ereignisse offenbart wurden. Es herrschte eine komplett beklemmende und düstere Atmosphäre, die Geschichte fing hiermit sehr spannend, verstörend und äußerst vielversprechend an. Ich erfuhr hier stückchenweise, was damals in dem abgelegenen Wald „Fiddlers Mill“ passiert ist.

Heather Evans’ distanzierte Beziehung zu ihrer Mutter wurde schnell deutlich. Seit ihrem Tod wird Heather klar, dass sie eigentlich überhaupt nichts über das Leben und vor allem über die Vergangenheit ihrer Mutter wusste. Der Suizid kam für alle überraschend und keiner konnte sich erklären, warum. Auch von einem jahrelangen Briefwechsel mit einem Mörder hatte Heather nichts gewusst, genauso wenig wie das starke und intensive Interesse an Märchen. Deshalb versucht sie im Hochsicherheitstrakt mehr über ihre Mutter herauszufinden und bittet Reave um Informationen. Neben persönlichen Fragen will sie von ihm wissen, was er mit den aktuellen Verbrechen zu tun hat, die seine Handschrift tragen. Doch von ihm erfährt sie nichts, bei jedem ihrer Besuche erzählt er ihr ein Märchen- eine Leidenschaft, die er mit ihrer Mutter geteilt hat? Als sie nicht weiterkommt, sucht sie „Fiddlers Mill“ auf. Der Ort, der ihrer Mutter damals als junge Frau sehr wichtig war. Als Journalistin kennt Heather sich nämlich mit Recherchen aus, weshalb sie nach und nach ungeahnten Abgründen auf die Spur kommt. Ihre tief verborgenen Aggression kommen zwar selten, aber dennoch vor, sodass sie nicht mehr als Journalistin arbeitet. Ob in ihr ein Wolf schlummert?

Nicht nur Wölfe, sondern auch Vögel spielen in dieser Geschichte eine Rolle. Detaillierte Schilderungen der hier genannten Taten konnte ich mir bildlich gut vorstellen. Durch die märchenhaften Erzählungen kam die Handlung oftmals mystisch und geheimnisvoll rüber, was nicht ganz meinen Geschmack getroffen hat. Die Protagonisten sind, bis auf Heather und Michael Reave, eher blass. Einige kommen zwar öfter vor, die jedoch nicht viel Aufmerksamkeit meinerseits bekamen. Reaves’ Charakter gewann dank der Rückblenden immer mehr an Tiefe, Heather stand von Anfang an im Mittelpunkt. Ihr Charakter wurde sehr gut ausgearbeitet, sodass ich mich in ihre Gedanken, Handlungen und Gefühle sehr gut hineinversetzen konnte.

Relativ schnell haben sich viele Fragen angesammelt, die mir bis zum Schluss zufrieden stellend beantwortet wurden. Ab und zu wurden fremde Stränge eingebaut, die mich zuerst etwas verwirrt haben. Doch die Zusammenhänge wurden zum Ende hin immer deutlicher, sodass die Handlung komplett und schlüssig aufgelöst wurde. Neben sehr spannenden Momenten gab es für mich aber auch genau so viele Längen, welche den Spannungsbogen immer wieder in die Tiefe gerissen haben. Aber dank dem flüssigen, bildlichen und lebendigen Schreibstil der Autorin waren diese Lesemomente keine Qual. Dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, gepaart mit schaurigen Märchen haben bei mir schon für einige Gänsehautmomente gesorgt. Die Konstellation, wo ein Serienmörder im Gefängnis sitzt und währenddessen trotzdem weitere Opfer mit derselben Handschrift auftauchen, habe ich schon öfter gelesen. Dieser Punkt wurde hier jedoch anders als erwartet umgesetzt, deshalb fand ich den eigentlichen Plot ziemlich gut. Dieser hat bei mir für die beste überraschende Wendung gesorgt. Die Botschaft, dass aus Opfer anschließend Täter werden und diese wiederum neue Opfer „entwerfen“, wurde am Ende gut und deutlich rübergebracht. Wer auf der Suche nach einer märchenhaften und mystischen Geschichte mit thrillerhaften und düsteren Elementen ist, der ist mit ,,Der Herzgräber“ hervorragend bedient. Ich vergebe deshalb 3,5 Sterne!