Außergewöhnlicher Kriminalfall im Nationalpark Wattenmeer

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Mitten durch die Nordsee verläuft die Grenze zwischen Texel in den Niederlanden und Borkum in Deutschland, der genaue Grenzverlauf ist tatsächlich bis heute nicht genau geklärt. Meistens arbeiten die Behörden nachbarschaftlich problemlos zusammen, überall ist Wasser – also was soll´s? Nun wird aber genau auf einer Sandbank, deren nationale Zugehörigkeit nicht genau definiert ist, eine Leiche gefunden und zwar die eines Deutschen, der sich zusammen mit zwei Kameraden einen Namen als Extremwattwanderer gemacht hat. Das Trio Peter, Klaus und Aron hat bereits unzählige Touren erfolgreich gemeistert und Bücher darüber veröffentlicht. Bei der verhängnisvollen Wanderung jedoch fehlte Aron, der sich zum fraglichen Zeitpunkt um seine Frau kümmern musste. Route und Termin waren anhand von Gezeiten und Strömungen genau berechnet worden und erlaubten keinerlei Aufschub. Trotzdem gab es bei der Querung eines Priels unvorhergesehene Schwierigkeiten. Obwohl durch ein Sicherheitsseil mit seinem Begleiter Peter verbunden, rutschte Klaus ab und kam zu Tode. Aufgefunden wird die Leiche vom holländischen Grenzschutz. Der Leichnam weist Verdächtiges auf und muss obduziert werden, die Kriminaler müssen zunächst die Todesursache und später Tatverdächtige ermitteln. Aber welcher Staat ist nun zuständig? Während an der Basis konstruktiv kooperiert wird, verstrickt sich die vorgesetzte Ebene in Kompetenzgerangel, das zu manch humorvoll-skurriler Szene führt.

Deens Stärke sind die Charaktere. Haupt- wie Nebenfiguren bekommen jeweils ein völlig eigenes Profil, das sie im Zuge des Romans zur Geltung bringen können. Sie wirken wie aus dem Leben gegriffen. Im Mittelpunkt steht der deutsche Kriminalkommissar Liewe Cupido, Sohn deutsch-niederländischer Eltern, warum man ihn (titelgebend) „den Holländer“ nennt. Er ist als ruhiger Vertreter ein brillanter Ermittler, der durch sein Schweigen schon manchen Kriminellen zum Reden gebracht hat – stille Pausen kann nicht jeder vertragen. Unkonventionell holt sich Cupido einen jungen niederländischen Grenzpolizisten als Assistenten an die Seite, beide bilden schnell ein gutes Team. Puzzlestein für Puzzlestein fügt sich zusammen, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Neben dem gelungenen Figurenkarussell nimmt das Wattenmeer mit seiner Küste eine weitere Hauptrolle ein. Der Leser erfährt viel über das extreme Wattwandern, über Vorbereitung, Ausrüstung, Risiken und Gefahren. Man spürt die Liebe und Fachkenntnis des Autors zum Nationalpark Wattenmeer, in dessen Umfeld große Teile der Ermittlungen stattfinden und die den Leser damit an einen unüblichen Handlungsort mit viel Naturschönheit führen. Jeder, der eine Affinität zu diesem Landstrich verspürt, wird den Roman lieben. Doch auch alle anderen sollte der nordisch ruhige, lakonische Erzählstil mit dem spannenden Kriminalfall gefangen nehmen.

Der Roman besticht durch seine intensive Atmosphäre. Der Sprachstil liest sich flüssig und ist sehr ausdrucksstark, gerade wenn es um bildhafte Beschreibungen oder realistische Dialoge geht. Die Nebengeschichten rund um die Ermittelnden halten sich in Grenzen, so dass man nicht unnötig von der Ermittlung abgelenkt wird. Ich habe den Roman innerhalb von zwei Tagen inhaliert. Er ist die perfekte Lektüre für ein verregnetes Wochenende, das man gedanklich an der Nordsee verbringen möchte. Lange wird man im Trüben gelassen, wie der Extremwattwanderer zu Tode kam und kann sich ganz seinen eigenen Spekulationen hingeben - wie es sich für einen guten Kriminalroman gehört. Ich hoffe, dass Mathjis Deen noch weitere Bücher rund um den sympathisch-eigenwilligen Ermittler Liewe Cupido schreiben wird. Lesen werde ich sie auf jeden Fall. Große Leseepfehlung!