Spannender Krimi mit Liebe zum Watt

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missmarie Avatar

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Zwei Männer, nachts, allein im Watt - aber sind sie wirklich allein? Ist das Licht dort hinten der Borkumer Leuchtturm oder die Lampe eines unbekannten Dritten? Der dunkle Streifen auf dem Boden - nur dunkler Sand oder ein Priel, der langsam mehr und mehr Wasser führt?

Mathijs Deen entführt den Leser in seinem literarischen Krimi "Der Holländer" in deutsch-niederländische Wattenmeer. Denn hier wird, direkt auf der umstrittenen Grenzlinie an der Osterems, ein Toter gefunden. Nun stellt sich nicht nur die Frage, wie der Extremwattwanderer dorthin kam, sondern auch, welches Land ermitteln soll. Während sich die Behörden noch um Kompetenzen streiten, wird Liebe Cupido, ein deutscher Bundespolizist mit niederländischer Familie, inkognito mit dem Fall beauftragt.

Obwohl es sich bei "Der Holländer" um einen Krimi handelt, steht das Verbrechen gar nicht so sehr im Vordergrund. Das soll nicht heißen, dass die Handlung langweilig wäre. Tatsächlich hat sich bei mir aber der Hälfte so viel Spannung aufgebaut, dass ich das Buch in einem Rutsch zu Ende gelesen habe. Alle Krimiqualitäten hat der Roman also. Der Schwerpunkt liegt jedoch eindeutig auf dem Wattenmeer und den Küstenbewohnern.

Gerade für Leser, die nicht aus Friesland stammen, dürfte es einiges Skurriles zu finden geben: Die Eigenart der Inselbewohner und ihre Ablehnung gegenüber den Sommertouristen. Die Faszination, die Watt und Schifffahrt auf nahezu alle Figuren vor Ort ausüben. Die wenigen Menschen auf dem platten Land - jeder scheint jeden zu kennen und man begegnet Figuren immer wieder. Und nicht zuletzt die Streitigkeiten mit einer ordentlichen Portion Lokalkolorit. Beim Lesen spürt man deutlich: Deen schwärmt für die Nordseeküste und gibt diese Liebe bildhaft und atmosphärisch dicht weiter.

Besonders gut hat mir gefallen, dass der Text immer wieder durch Twittermeldungen und Zeitungsartikel unterbrochen ist. Das ist auch nötig, um gerade am Anfang den Überblick bei all den Handlungssträngen zu behalten. Die Nachrichtenschnipsel fassen sorgsam zusammen, was der Stand der Dinge ist und welche Fakten als mehr oder weniger gesichert angesehen werden. Ein Kniff, der dem Leser entgegenkommt.

Tatsächlich ist der Text am Anfang ein wenig kompliziert, der Einstieg hat ein wenig gedauert. Denn ständig wechselt der Handlungsort, neue Personen tauchen auf und man muss sich erst einmal einfinden. Die kurzen Kapitel von oft nur drei Seiten erschweren den Einstieg. Das "Hineinarbeiten" lohnt sich aber.

Mein Fazit: Wer anfangs etwas Geduld und Mühe investiert bekommt einen Kriminalroman mit viel Liebe für die Küste und authentisch gezeichneten Figuren präsentiert.