Atmosphärische Beschreibungen der Nachkriegszeit

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
die bücherdiebin Avatar

Von

Inhalt: Köln, Sommer 1947. Die junge Friederike Matthée von der Weiblichen Polizei in Köln untersucht den brutalen Mord an einer ehemaligen Polizistin. Verdächtigt wird eine junge Frau, die mit der Tatwaffe in der Hand neben der Toten überrascht wurde. Doch Friederike zweifelt an ihrer Schuld und beginnt zu ermitteln - dabei überschreitet sie meistens ihre Kompetenzen. Unerwartete Hilfe bekommt sie von Richard Davies von der Royal Military Police, der die Ermordung von drei britischen Soldaten aufklären soll.

Meine Meinung: „Der Hunger der Lebenden“ ist bereits der zweite Fall für Friederike Matthée und Richard Davies, aber problemlos ohne Vorwissen zu lesen. Für das bessere Verständnis gibt es ab und zu kurze Erklärungen zu der Vergangenheit der beiden Protagonisten.
Der Einstieg in das Buch fiel mir leicht, denn die Handlung beginnt spannend und der Schreibstil von Beate Sauer lässt sich angenehm lesen.
Friederike war mir gleich sympathisch. Ihre Zweifel an der Schuld der Verdächtigen fand ich berechtigt und ihre Bemühungen, die Wahrheit zu erfahren, und trotz Zweifel und Rückschlägen, nicht aufzugeben, haben mir gefallen. Auch ihren späteren Gewissenskonflikt konnte ich gut nachvollziehen. Richard Davies, ein deutscher Jude, kam 1939 noch rechtzeitig mit einem Kindertransport nach London, doch seine Eltern und Großeltern wurden in Deutschland ermordet. Seine kritische Einstellung den Deutschen gegenüber fand ich deshalb sehr glaubwürdig. Auch ihn mochte ich.
Gut gefallen habe mir die atmosphärischen Beschreibungen der Nachkriegszeit. Viele Menschen waren von schlimmen Kriegserlebnissen noch traumatisiert, es gab kaum Lebensmittel und Wohnraum, noch viele Trümmer und Obdachlose, darunter auch viele Waisenkinder. Die Verhältnisse in Kinderheimen waren katastrophal. Trotzdem hatten die Menschen wieder Hoffnung, freuten sich über Musik und Kinobesuche - über die langsam wiederkehrende Normalität.
Die Krimihandlung dagegen fand ich weniger spannend, erst auf den letzten ca. hundert Seiten fieberte ich der Auflösung entgegen.

Insgesamt vergebe ich knapp 4 Sterne.