Errgreifend!

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Das Buch "Der Hunger der Lebenden" von Beate Sauer, erschienen im Ullstein Verlag am 25.01.19 verbindet in ergreifender Art und Weise eine Kriminalgeschichte mit einem Sittengemälde und einer zeitgeschichtlichen Darstellung der Nachkriegszeit in Köln und dem Bergischen Land.
Die Verwicklung von Polizeibediensteten und anderer staatlicher Stellen in die Errichtung und Durchführung von Lagern für Kinder wird thematisiert, die nicht zu der nationalsozialistischen Idee einer Volksgemeinschaft passten und dort gedemütigt und gebrochen wurden. Ihr Schicksal weckt das Mitgefühl der Hauptperson des Kriminalromans. Spannend wird die Suche nach den Verantwortlichen für einen Mord an einer früheren Polizistin und für das Nachkriegsverbrechen an britischen Soldaten erzählt. Immer wieder schimmert dabei die wirtschaftliche und soziale Situation der Menschen in Nachkriegsdeutschland durch, wie auch die von außen vorgegebene gesellschaftliche Rolle von Friederike als Beamtin bei der Weiblichen Polizei in Köln. Die Lektüre dieses Romans kann deshalb sehr empfohlen werden. Die Autorin Beate Sauer schildert sehr fesselnd die Ambivalenz der Gefühle eines deutschen Juden, der einerseits als britischer Offizier während der Besatzungszeit den Mord an britischen Militärangehörigen aufklären soll, und den andererseits die Rückkehr nach Deutschland sehr belastet, und seinen Gefühlen nicht traut. Der Titel ist sehr gut gewählt, da er den Kern der erzählten Kriminalgeschichte sehr gut beschreibt. Schonungslos wird einerseits von der Not der Stadtbevölkerung Kölns und deren Hunger nach einem Leben in Wohlstand und Würde erzählt, andererseits schimmern die Autoritätshörigkeit und Grundanschauungen in einem Teil der Bevölkerung in den Dialogen durch.