Gelungene Fortsetzung der Reihe um Friederike Matthée

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INHALT
Köln, Juni 1947: Auf den arktischen Winter ist ein ungewöhnlich heißer Sommer gefolgt. Die Ernährungslage in der von Krieg und Hunger gezeichneten Stadt ist immer noch desolat. Friederike Matthée von der Weiblichen Kriminalpolizei ermittelt im Mordfall an einer früheren Kollegin. Die ehemalige Beamtin überwachte während des Nationalsozialismus die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Polizeilichen Jugendschutzlagern. Friederike überschreitet einmal mehr ihre Befugnisse, um den Fall aufzuklären.
Auch Lieutenant Richard Davies von der Royal Military Police wird in einem heiklen Fall nach Deutschland geschickt, so dass sich ihre Wege schließlich kreuzen. Doch die Ermittlungen rühren an Geschehnisse aus der Vergangenheit, die auch Friederike schmerzlich betreffen und die das Vertrauen zwischen ihr und Davies für immer zu zerstören drohen.
(Quelle: Ullstein Verlag)
MEINE MEINUNG
Der fesselnde, historische Kriminalroman »Der Hunger der Lebenden« von der deutschen Autorin Beate Sauer ist bereits der zweite Band der Reihe rund um die junge Friederike Matthée bei der Kölner Weiblichen Polizei, kann aber auch ohne Vorkenntnisse aus dem Vorgängerband "Echo der Toten" problemlos gelesen werden. Dank des sehr angenehmen und flüssigen Schreibstils habe ich sehr schnell in die Geschichte hineingefunden.
Mit ihrem zweiten Fall versetzt die Autorin den Leser gekonnt ins Köln der Nachkriegszeit und vermittelt ein sehr stimmiges, authentisches Bild der damaligen Zustände. Sehr anschaulich und facettenreich portraitiert die Autorin die ausgebombte Stadt unter britischer Besatzung, in der Hunger, Armut, knapper Wohnraum und Kriminalität den Alltag bestimmen, der Schwarzmarkt floriert und die notleidende Bevölkerung durch die unglaubliche Hitze eines Jahrhundertsommers in Atem gehalten wird. Für ein interessantes Lokalkolorit sorgen auch die sehr lebendig geschilderten Schauplätze im ländlich geprägten Bergischen Land. Die vielfältigen Einblicke in die Arbeit der Weiblichen Polizei in Köln und ihre Akzeptanz bei der Bevölkerung sind äußerst aufschlussreich und haben mir gut gefallen.
Geschickt lässt Sauer uns auch an der Stimmungslage der Menschen im besetzten Nachkriegsdeutschland teilhaben, die dem Wiederaufbau mit gemischten Gefühlen gegenüberstehen und mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit noch längst nicht abgeschlossen haben.
Die spannende, geschickt in den historischen Kontext eingebettete Krimihandlung zieht den Leser rasch in ihren Bann und ist äußerst vielschichtig gestaltet. Die Ermittlungen zum grausamen Mord an der Hofbesitzerin und zudem der Leichenfund von drei britischen Soldaten, der auf ein Kriegsverbrechen hindeutet, bieten viele Ansatzpunkte zum Miträtseln. Zudem hält die Autorin zahlreiche überraschende Wendungen für uns bereit. Geschickt verwebt die Autorin die unterschiedlichen Handlungsstränge, verdichtet die beiden Fälle zu einer komplexen Geschichte und lässt schließlich alle Fäden zusammenlaufen. Die Auflösung ist zwar für meinen Geschmack etwas arg konstruiert, aber rundum schlüssig und nachvollziehbar.
Beate Sauer versteht es, die meisten ihrer Figuren, vielschichtig und lebensnah zu zeichnen. Hervorragend hat mir ihre sympathische weibliche Hauptfigur - die clevere, sympathische Friederike gefallen, die wir bei ihrer engagierten, nicht immer einfachen Ermittlungsarbeit begleiten. Der Mordfall stellt eine neue Herausforderung für sie dar und ihrer Intuition vertrauend überschreitet sie bald schon ihre Kompetenzen. Doch auch im privaten Bereich muss sie sich der Vergangenheit stellen und einige schwierige Entscheidungen treffen. Ebenfalls Richards Charakter mit seiner inneren Zerrissenheit hat mir gut gefallen, auch wenn er deutlich hinter Friederikes Part zurücktritt und mit seiner zurückhaltenden Art sehr unnahbar wirkt. Insgesamt hat die Autorin alle ihre Charaktere entsprechend ihrer Rollen ausreichend glaubwürdig und lebendig gezeichnet, so dass ihre Handlungen nachvollziehbar waren.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es bald einen neuen Fall für Friederike Matthée – vielleicht sogar wieder in Zusammenarbeit mit Richard Davies gäbe.
Wie man dem ausführlichen Nachwort der Autorin entnehmen kann, ist der historische Hintergrund zu diesem Fall mit vielen interessanten Fakten von ihr hervorragend recherchiert worden und sehr gelungen und fesselnd in der fiktiven Geschichte umgesetzt worden. Am Ende des Krimis findet sich zum besseren Überblick auch noch ein Personenverzeichnis mit entsprechender Kurzbeschreibung.
FAZIT
Ein spannender und unterhaltsamer historischer Kriminalroman mit einer sympathischen Ermittlerin im Kölner Nachkriegsdeutschland und einem stimmig eingefangenen Zeitkolorit!