Spannender historischer Roman aus der Bismarckzeit

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Richard Dübells Roman "Der Jahrhundertsturm" ist ein richtig dicker Schmöker. 1047 Seiten ist er lang und mag deshalb manch einen Leser abeschrecken, ihn in die Hand zu nehmen. Aber schon die schöne Covergestaltung lässt vermuten, dass es sich lohnt, sich auf dieses Buch einzulassen.
Erzählt wird die Geschichte zweier unterschiedlicher Männer. Da ist auf der einen Seite Alwin von Briest, der als zweiter Sohn eines Landadeligen nach dessen Tod fast mittellos dasteht und dem nur ein Eintritt in den Militätdienst bleibt, und auf der anderen Seite Paul Baermann, der Münchner, den seine Leidenschaft für die Eisenbahn und für die Technik rastlos durchs Leben treibt. Verbunden oder auch getrennt sind diese beiden durch die Liebe zu der Französin Louise, die Alwin vor der Armut rettet. Die junge Frau heiratet ihn, obwohl sie Paul genauso liebt, wie Alwin.
Richard Dübell gibt seiner Geschichte einen sehr gut recherchierten historischen Hintergrund, in dem besonders die Figur Otto von Bismarcks sehr überzeugend gezeichnet wird. Detaills aus Bismarcks Leben werden in die Story verwoben, die auch dem historisch interessierten Leser nicht unbedingt bekannt sein dürften. Dem Autor gelingt es ausgezeichnet, den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts zu vermitteln. So wird Geschichte wirklich lebendig.
Von den kriegerischen Auseinandersetzungen der Epoche wird zwar berichtet, allerdings wird sich dabei auf das Wesentliche beschränkt, unnötige Grausamkeiten fehlen. Unnötig vielleicht der Versuch, Louise zu einer zweiten Florence Nightingale zu machen. Das ist etwas zuviel des Guten. Besser hätte es dem Buch getan, nicht zu oft auf das Gefühlsleben von Louise zu fokussieren, die ja des öfteren zwischen Alwin und Paul hin- und hergerissen ist. Das ist nicht immer ganz passend und überzeugend. Auch Pauls Schwester Lily, der ewig benachteiligte Racheengel ist nicht immer ganz glaubhaft dargestellt. Trotzdem habe ich das Buch mit Genuss gelesen, weil es einfach angenehm geschrieben ist und der geschichtliche Hintergrund eben sehr gut herausgearbeitet wird. Empfehlen würde ich es auf jeden Fall auch jedem, der gerne historische Romane liest.