Alle sollen/dürfen träumen

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hennie Avatar

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„FÜR ALLE, DIE TRÄUMEN. HÖRT NIE DAMIT AUF!“ Das ist die hauptsächliche Botschaft, die dem Buch voransteht und es auch zu vermitteln vermag.
Inhalt:
Die Familie von Briest steht im Mittelpunkt des Romans „Jahrhunderttraum“, Band 2 der Deutschlandsaga. Das sind Vater Moritz, Mutter Antonie und deren Kinder Otto, Levin und Amalie. Um diese fünf fiktiven Personen entwickelte der Autor eine opulente Geschichte mit wiederum erfundenen, aber auch vielen real existierenden Menschen. Jeder/Jede hat seinen/ihren Traum.
Levin von Briest fasziniert schon im jugendlichen Alter das Fliegen und ist begeisterter Anhänger Otto Lilienthals. Er beteiligt sich bald aktiv bei dessen experimentellen Vorarbeiten und den zahllosen mehr oder weniger erfolgreichen Flugversuchen. Auch Otto von Briest, der Ingenieurwesen studiert und wie sein Vater bei Siemens einsteigen soll, ist zunächst angesteckt vom Flugvirus. Später wird ihn ein völlig anderer Berufszweig fesseln.
Im Laufe der Handlung treten viele Flugpioniere auf: neben Otto Lilienthal sind das Graf Ferdinand von Zeppelin, die amerikanischen Brüder Wright, der brasilianische Erfinder und Luftschiffer Alberto Santos Dumont, der Luftfahrtenthusiast David Schwarz, Friedrich Wölfert u.v.a. Sie alle sind große Phantasten, die sich durch Spott, Häme, Intrigen, Sabotage nicht von ihrem alles überstrahlenden Traum vom Fliegen abbringen lassen.
Die Frauen im Roman Richard Dübells beginnen sich zu emanzipieren. Antonie von Briest engagiert sich für Frauenrechte und ihre Tochter Amalie findet ihr Glück beruflich und privat bei einer jungen Frau.
Einen großen Teil des Romans bestimmt der Charakter des Oscar Glock, ein dubioser Berliner Unternehmer und seine jungen Untergebenen: „Die Söhne Walhalls“. Dieser Oscar Glock nutzt die Schwächen, die geheimen Gelüste der Menschen perfide für seine infamen Ziele aus. Er macht seine „Angestellten“ zu willenlosen Werkzeugen.

Meine Meinung:
Der Autor packt viele Themen, die verschiedene Bereiche der Gesellschaft betreffen, an. Er gibt Einblicke in die Mode, den Moralvorstellungen, den Anstandsregeln der Zeit, und er spricht die gleichgeschlechtliche Liebe, die Prüderie und die Unzucht an.
Er versteht es, die Aufbruchstimmung in eine neue Zeit festzuhalten. Alle möglichen Erfindungen, die in die Zeit passen, findet man in dem Buch wieder.
Und es gibt sehr viele Technikdetails zuungunsten der sonstigen Handlung, zu viele Schauplätze, was zu unnötigen Längen führt.

Zusammenfassung:
Ein dramatischer, spannender Beginn und ein ebensolches Ende! Dazwischen viel Zeitkolorit. Gut recherchiert, alles ist stimmig. Das Werk beschreibt die Zeit von 1891 bis 1909, eine geringe Zeitspanne von nur 18 Jahren. Es unterteilt sich in sechs Bücher mit Überschriften, die einen Traum beinhalten (bspw. Buch 1: Der Traum vom Frieden).
Die Dialekte sind angenehm zu lesen. Zeppelin darf „schwäbeln“, einige andere Personen verfallen immer mal wieder vom Hochdeutschen ins „Berlinerische“ (Edgar Thrönicke, Hermine Leitner).

Besonders für geschichtsinteressierte Leser eine schöne Lektüre. Von mir 4 Sterne!