Der Jahrhunderttraum - wieder ein Epos

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
gelinde Avatar

Von

Der Jahrhunderttraum, von Richard Dübell

Cover:
Ein sehr schönes Titelbild.
Die in sepia gehaltenen Farbtöne und das Paar in der typischen Kleidung und Haltung, dazu das nostalgische Flugzeug, zeigen sofort, dass es um eine historische Geschichte geht.

Inhalt:
Der Traum vom Fliegen.
Die Menschheit erobert den Himmel.
Deutschland zwischen 1891 bis 1909.
Wir begleiten die Geschwister Otto, Levin und Amalie von Briest.
Otto studiert, will aber eigentlich Detektiv werden.
Levin weiß nicht was er mit sich anfangen soll, bis er das erste Mal Otto von Lilienthal sieht und ab da für das Fliegen „brennt“.
Amalie, eigentlich noch ein Kind, wird von niemand so richtig beachtet, auf der Suche nach ihrem Lebensweg begegnet sie Emma von Schley und das Schicksal schenkt ihr die große Liebe, doch bevor sie so rundum glücklich sein kann, hat sie noch einige Bruchlandungen zu „überleben“.

Meine Meinung:
Nach „Jahrhundertsturm“ (von dem ich restlos begeistert war), geht es nun mit „Jahrhunderttraum“ (das aber auch unabhängig gelesen werden kann), zwanzig Jahre später, mit der Familie Briest weiter.
Meiner Meinung nach kommt der „Jahrhunderttraum“ nicht ganz an die Faszination des „Jahrhundertsturm“ heran.

Der Einstig ist wieder einmal brillant, die Schreibweise ist locker und flüssig, mit gezielt eingesetztem, passendem Humor (z.B. Zitat: Man musste ein Fuchs sein, wenn man kein armer Hund werden wollte). Sehr gekonnt sind immer mal wieder die entsprechenden Dialekte eingebaut, die das ganze so authentisch machen.

Aber es fehlt mir das Prickeln, das „hineinfallen lassen können in diese Zeit“, das „alles um sich herum vergessen können“, die „überschäumende Begeisterung“, die ich beim Vorgängerbuch empfunden habe.
Hier sind mir die „Lebensläufe“ vor allem bei Otto sehr „gewollt“.
Die Geschichte war meiner Meinung nach, auf zu viele verschiedene Personen aufgeteilt, so dass für mich das Ganze zu sehr verzerrt und auf zu viele Schauplätze abgelenkt wurde.

Es geht um Liebe und Freundschaft, um Intrigen und Manipulationen, um Fortschritt und Technik, um Träume (ja schon Besessenheit) von Einzelnen, im positiven wie auch im negativen Sinn.

Die frisch Verliebten „schmachten“ vielleicht doch ein bisschen zu viel (auch für die damalige Zeit?).

Der Bösewicht ist absolut skrupellos, aber leider eben hoch intelligent und ein vorzüglicher Schauspieler und Redner.

Nichts desto trotz habe ich den „Jahrhunderttraum“ beim Lesen genossen, es war schön, den Traum vom Fliegen mitzuerleben und mitzuträumen.
Vor allem begeistert es mich, wie diese Pioniere, teilweise ohne groß akademische Ausbildung, an ihrem Traum gearbeitet und diesen verwirklicht haben. Sie haben dafür „gebrannt“ und alles andere hinten angestellt.
Zitat: Opfer müssen gebracht werden.

Am Ende gibt es ein wahres Showdown.

Autor:
Richard Dübell, geboren 1962, lebt mit seiner Familie bei Landshut.
Als Autor von historischen Romanen stürmt er seit Jahren die Bestsellerlisten.

Mein Fazit:
Wieder mal ein epochaler Roman, über eine Zeit des Pioniergeistes und des Wandels der Gesellschaft, u.a. den Kämpfe der Frauen um ihre Rechte.
Es wird auch gezeigt, wie gezielte Fehlmeldungen und Diffamierungen eine gesamte Gesellschaft unterwandern können (sehr aktuell), das macht doch sehr betroffen.
Dem Jahrhunderttraum gebe ich als Gesamtpaket 4 Sterne.