Gelungene, lose verknüpfte Fortsetzung zu "Der Jahrhundertsturm"

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Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
Die Menschheit erobert den Himmel
Deutschland 1891: Die Geschwister Otto, Amalie und Levin von Briest sehen der Wende zum neuen Jahrhundert entgegen und all ihren Verheißungen. Erste Flugzeuge und Zeppeline begeistern die Massen, und Levin von Briest findet darin seine große Bestimmung. Otto hadert mit seiner adeligen Herkunft, er möchte Detektiv werden. Amalie von Briest ist dagegen noch auf der Suche nach ihrem Schicksal – sie träumt von der großen Liebe und merkt nicht, dass sie sie vielleicht schon längst gefunden hat …
Autor (Quelle: amazon)
Richard Dübell, geboren 1962, lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen bei Landshut. Als Autor von historischen Romanen stürmt er seit Jahren die Bestsellerlisten und legt nach Der Jahrhundertsturm mit Der Jahrhunderttraum ein weiteres großes Epos zur deutschen Geschichte vor.
duebell.de

Allgemeines
Fortsetzung zu „Der Jahrhundertsturm“
Erscheinungstermin: 13.Januar im Ullstein Verlag als broschiertes TB mit 736 Seiten
Gliederung: Landkarte Berlins und Umgebung – Hauptteil in fünf Büchern mit jeweils nummerierten Kapiteln – Epilog – Nachwort – Danksagung – Quellen
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsorte und -zeit: Berlin, Schweiz, Frankfurt – 1891 bis 1909

Zum Inhalt
Der Roman knüpft lose an die Handlung des Vorgängerromans „Der Jahrhundertsturm“ an. Standen dort gesellschaftliche, politische und technische Entwicklungen der Bismarckzeit im Vordergrund, so spielt sich das Schicksal der Enkelgeneration der Protagonisten des ersten Bandes vor dem Hintergrund der Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert ab. Otto von Briest, der älteste Enkel von Paul Baermann und Louise von Briest, absolviert auf Wunsch seines Vaters Moritz ein Ingenieurstudium, von dem er jedoch nicht übermäßig gefesselt ist. Viel lieber würde er mit dem Detektiv Edgar Trönicke, einem Freund der Familie, der die Eisenbahnkatastrophe untersucht, die Ottos Großeltern das Leben kostete, zusammenarbeiten. Sein jüngerer Bruder Levin ist von den Gleitflugversuchen Otto Lilienthals gefesselt und hat keinen größeren Wunsch als „den Himmel zu erobern“. Er arbeitet für diverse Pioniere der Luftfahrt, vor allem im Bereich der Luftschifffahrt, auch wenn sein eigenes Interesse hauptsächlich der Entwicklung von Motorflugzeugen gilt. Amalie, das Nesthäkchen der Familie, lässt sich nicht von ihrer Mutter Antonie, einer engagierten Frauenrechtlerin, die sich besonders für die Frauen der Arbeiterklasse einsetzt, für deren Ziele begeistern. Auch ein „klassischer“ Lebensweg als Ehefrau und Mutter reizt sie nicht. Sie wählt einen ganz eigenen, unkonventionellen Lebensweg, der sie schließlich auch in ferne Länder führt.
Die Brüder Briest geraten durch ihr Interesse an der Entwicklung von Luftschiffen ins Visier eines gefährlichen und fanatischen Mannes, der für die Zukunft Deutschlands besondere Pläne hat…

Beurteilung
Der Folgeband zu „Der Jahrhundertsturm“ ist diesem nur lose verbunden, man kann ihn einzeln lesen, dennoch empfiehlt sich aufgrund des übergeordneten thematischen Zusammenhangs die Lektüre beider Romane. Auch die Handlung von „Der Jahrhunderttraum“ spielt sich vor dem gut recherchierten Hintergrund seiner Zeit, in diesem Fall der Jahre um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20.Jahrhundert, ab. Der Leser wird Zeuge gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen; der positiven Entwicklung der Lage der Frauen, die zunehmend mehr Freiheiten genießen und Anfang des 20.Jahrhunderts zum Studium an Universitäten zugelassen werden, steht auf der negativen Seite das Aufkommen eines massiven Antisemitismus gegenüber, der wenige Jahrzehnte später ein katastrophales Ausmaß annehmen wird.
Die zentrale Thematik ist jedoch auch in diesem Roman eine technische: Ging es im ersten Band um die Einführung und Verbreitung der Eisenbahn und der dadurch bedingten Veränderungen im täglichen Leben, so geht es hier um die Frühzeit der Fliegerei. Persönlichkeiten, die im Bereich der Aeronautik Rang und Namen haben, werden dem Leser vorgestellt: Otto Lilienthal, Friedrich Wölfert, Graf Ferdinand von Zeppelin, Alberto Santos-Dumont, die Gebrüder Wright und (indirekt) Louis Blériot. Auch die nicht wenigen tragischen Unglücksfälle hat der Autor gründlich recherchiert und faktengetreu dargestellt.
Die fiktiven Figuren sind gut in den realen historischen Kontext eingebettet und in der Darstellung ihrer Charaktere gründlich ausgearbeitet. So wirkt der weitaus größte Teil des Romans authentisch und glaubwürdig, lediglich zum sehr spannenden Ende hin trägt der Autor etwas zu dick auf.
Das ausführliche Nachwort gibt viele Zusatzinfomationen zu diversen im Buch angesprochenen Themen und auch die Quellenangabe im Anhang könnte für interessierte Leser lohnende Sekundärliteratur erschließen.

Fazit
Ein sehr lesenswerter, gut recherchierter Roman um die Frühzeit der Fliegerei, den man unabhängig vom Vorgängerband lesen kann, aber nicht sollte! 4,5 Sterne