Träume schreiben Geschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
borstelmaus Avatar

Von

„Die Briest waren eine Familie, die ihren inneren Zusammenhalt verloren hatte.“ So lautet das Urteil von Edgar Trönicke, Privatdetektiv und langjähriger Freund der Familie von Briest. Nicht nur wird durch den Tod der Eltern bzw Großeltern Paul und Louise Baermann eine große Lücke in die Familie gerissen, es entfremden sich auch das Ehepaar Moritz und Antonie, sowie deren drei Kinder Otto, Levin und Amalie durch persönliche Entscheidungen, Erwartungen und Träume voneinander. Zeitgleich finden große politische und gesellschaftliche Umbrüche statt, schreiten Wissenschaft und Technik schnell voran und niemand bleibt davon unberührt.

Der zweite Teil der Deutschland-Saga widmet sich zum größten Teil dem Traum des Fliegens. Darin eingeflochten ist die Aufklärung des Todesfalls um das Ehepaar Baermann, allerdings geht es streckenweise etwas schleppend voran, da andere Themen in den Vordergrund rücken. Schwelender Hass gegen Juden, der sich langsam immer mehr entzündet sowie Ideologien für ein neues, „sauberes“ Deutschland bilden sich langsam, aber sicher heraus.
Der Autor beweist durch ausführliche Schilderungen diverser Flugversuche von unterschiedlichsten Pionieren auf diesem Gebiet seine hervorragende Recherearbeit. Im Anhang gibt es dazu noch viele weitere Hintergrundinfos, hier gehen Unterhaltung und Bildung Hand in Hand.
Auch die Dialoge sind feinsinnig skizziert, teilweise in unterschiedlichen Dialekten, aber immer verständlich gehalten. Die einzelnen Charaktere werden liebevoll porträtiert, jeweilige Abgründe ausgeleuchtet, Beweg- und Hintergründe analysiert.
Leider musste ich mich schon nach den ersten gefühlsmäßigen Turbulenzen und Entwicklungen von lieb gewonnenen Charakteren verabschieden, das habe ich wirklich sehr bedauert. Erschreckend war es auch, zu lesen, dass jeglicher Fortschritt oft für selbstsüchtige oder menschenverachtende Zwecke genutzt wird, auch wenn der Grundgedanke eigentlich ein guter war. Demzufolge habe ich mitgelitten, mich mitgefreut, gebangt, gehofft und so die Familie von Briest in mein Herz geschlossen.

Zum Verständnis der Handlung ist es glücklicherweise auch kein Problem gewesen, dass ich den ersten Teil der Deutschland-Saga vorher noch nicht gelesen hatte, das werde ich auf jeden Fall nachholen und gleichzeitig eine Fortsetzung ich mit Spannung erwarten.