Gute Idee, mangelhafte Umsetzung

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nataliegoodman Avatar

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"Der kalte Saphir" fing vielversprechend an: Der Musikjournalistin Jule Sommer gelingt es, ein Interview mit Sebastian Winter zu führen. Nach Jahrzehntelangem Schweigen ist der ehemalige Tontechniker der Band Klarstein bereit, über einen Mordfall in den 70er Jahren zu sprechen. Der Tod des Klarstein-Sängers Jerome wurde nie aufgeklärt und es ranken sich viele Mythen darum. Die junge Journalistin reist zu Winter nach Griechenland, wo er mittlerweile lebt. Die Prämisse ist sehr spannend: Was ist damals bei der Band hinter verschlossenen Probenraumtüren passiert? Was hat die Drummerin Zed damit zu tun und warum ist sie verschwunden? Ist Mathias Winter Zeuge oder Möder? Zudem sind die Charaktere widersprüchlich und wirken ziemlich interessant.

Trotz dieser Vorzüge fand ich die Erzählweise leider sehr ermüdend. Der Autor wächselt in sehr kurzen Abständen zwischen der Gegenwart im Jahr 2015 in Griechenland, wo das Interview stattfindet, und Rückblenden zu Winters Erzählungen. Nach meinem Gefühl wurde der Spannungsbogen ständig unterbrochen. Sobald ich anfing, mich in die Situation hineinzuversetzen und gespannt erfahren wollte, wie es weitergeht, sprang die Geschichte zurück in die Gegenwart. Zu Beginn hat das noch Spannung erzeugt, jedoch verwendet der Autor dieses Stilmittel so häufig, dass es mich nach rund 40 Seiten ziemlich nervte. Die Gegenwartsszenen waren zudem deutlich langweiliger als die Geschehnisse in der Kommune des Schreckens und wirkten zum Teil an den Haaren herbeigezogen. Viele der Gegenwartsszenen waren ziemlich inhaltslos und schienen die eigentliche Handlung, also die Geschehnisse rund um den Mord, nur unnötig herauszuzögern. Winter und Sommer laufen beispielsweise durch sein großes Haus, setzen sich in verschiedene Räume, ohne dass ein Sinn dahinter zu erkennen ist. Die Umgebung wird erschöpfend beschrieben, ohne dass es etwas zur Geschichte beiträgt. Unklar ist auch, warum Jule Sommers das Interview unterbricht, um erstmal ein paar Runden in Winters Pool zu schwimmen, wo sie doch so darauf brennt die Geschichte zu hören und Angst hat, dass Winter das Interview doch in letzter Sekunde abbricht. Am Ende wird es nochmal spannend und die Auflösung hat mich durchaus überrascht, jedoch fand ich den großen Mittelteil des Buches eher anstrengend.

Die Idee, die Musik von Klarstein zum Buch als kostenlosen Download anzubieten, gefällt mir hingegen sehr gut. Auf der Website des Autors werden drei Lieder angeboten, die zu den drei Kapiteln passen.

Insgesamt ist "Der kalte Saphir" für mich ein Buch mit vielen interessanten Ideen und Ansätzen, deren Umsetzung mich jedoch nicht vollständig überzeugt.