gute Urlaubslektüre - ein handliches Format, das es in sich hat

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bücherkarin Avatar

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Im Sommer 1977 gründet sich in Berlin die deutsche Rockband "Klarstein". Ihr Domizil haben die Bandmitglieder in einer alten Villa, die ihr späterer Tontechniker Sebastian Winter erworben hatte. Die Villa geht als die "Kommune des Schreckens" in die Musikgeschichte ein, denn dort wurde in der Neujahrsnacht 1981/82 der Bandleader Jerome erschossen. Der Fall wurde nie richtig aufgeklärt, "Klarstein" verschwand ebenso schnell wie sie aufgestiegen waren.
35 Jahre später gelingt es der bekannten Musikjournalistin Jule Sommer nach großen Anstrengungen, einen Interviewtermin mit Sebastian Winter, "dem Mann hinter dem Mischpult" zu bekommen. Er hatte sich völlig zurückgezogen, gibt nie Interviews. Ist es wirklich nur Jules Charme und ihren unermüdlichen Bemühungen zu verdanken, dass er jetzt seine Meinung ändert - oder gibt es für ihn einen triftigen Grund, gerade jetzt mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu gehen?
Aktiv geschieht in diesem Roman wenig - es gibt nur den Dialog zwischen Jule Sommer und Sebastian Winter in dessen Haus im griechischen Kastro, mal auf der Terrasse, im oder am Pool, im Keller mit dem Tonstudio oder den Spielautomaten usw. Anfänglich hat man mit Jule Angst, dass Winter ihr etwas antun würde - aber warum sollte er eigentlich? Später versichert er, dass er nie Gewalt anwendet. Und trotzdem liegt über allem eine latente Spannung, man ist sich nie sicher, was die beiden Protagonisten als nächsten tun werden.
Winter erzählt die Geschichte "Klarsteins" und damit in einer zweiten Zeitebene von 1979 bis 81, er erzählt vom charismatischen Bandleader Jerome, der in der Silvesternacht 1981 ermordet wird, vom kleinen Herb, der jetzt ein erfolgreicher Produzent ist, vom Bassist Sven, seiner Kreativität und seinem unseligen Hang zu Alkohol und Drogen, was ihm schließlich das Leben kostet. Und natürlich immer wieder von Zed, der Drummerin, der Seele "Klarsteins", was nicht nur an ihrem Ring mit dem Stein lag. Zed. seine große Liebe, die aber in ihm immer nur einen guten Freund gesehen hat und sich seit der Mordnacht mehr oder weniger auf der Flucht befindet.
Alles wird ruhig erzählt und doch voll leise knisternder Spannung.
Richtig interessant wird es, als noch eine weitere Zeitebene ins Spiel kommt, nämlich die Ereignisse vom letzten Frühjahr, Winters "Schnitzeljagd".
Hier liegen die Ursachen für S. Winters Sinneswandel, die Situation hat sich grundlegend geändert, jetzt will , jetzt muß er an die Öffentlichkeit gehen und dafür ist Jule Sommer die richtige Plattform, für sie formuliert er seinen Auftrag "Bring uns Zed zurück!"
Michael Dublin ist hier ein raffiniert aufgebauter Roman gelungen, der Leser wird immer wieder dazu animiert, herauszufinden, wer der Mörder war. Dabei erfährt er auch noch eine ganze Menge über die Arbeit einer Rockband zur damaligen Zeit. Fesselnd geschrieben, das kühle nüchterne Cover und die zitierten melancholischen Liedtexte tun ein übriges, um den Leser nicht mehr loszulassen.