Lässt mich unschlüssig zurück

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nathi_taiwan Avatar

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Ich habe bereits vor einigen Tagen den Roman beendet, war mir bis jetzt aber unsicher, wie ich diesen bewerten soll. Lasst mich mein Dilemma hier ausführen:

Durch das wunderschön gestaltete Cover und einige empfehlende Rezensionen (zur englischen Ausgabe) auf verschiedenen Buchportalen aufmerksam geworden, war ich sehr gespannt auf das Buch. Hier könnte das erste Problem liegen, und zwar, dass ich mit einer bestimmten Erwartungshaltung an den Roman gegangen bin, die dieser nicht erfüllen konnte. Ich habe eine Geschichte über die Liebe zur und Inspiration durch Musik erwartet, ein literarisches Konzert sozusagen, welches eine Hymne auf das Leben und all seine Facetten spielt und dennoch ruhig und langsam erzählt wird.
Ruhig und langsam wird dieser Roman auch erzählt - allerdings ohne dabei eine Handlung zu entwickeln. Erzählt wird der Roman aus der Perspektive von dem jungen Japaner Tomura, der Klavierstimmer wird und dessen Arbeit in einem kleinen Fachgeschäft für Klaviere und das dazugehörige Klavierstimmen bei Kunden wir begleiten. Ende. Das ist der gesamte Handlungsstrang und darüber hinaus geschieht wirklich kaum etwas. Der größte Teil des Buches befasst sich mit der inneren Entwicklung Tomuras und findet dementsprechend auch in seinem Kopf bzw. in seinen Tagträumen statt. Diese drehen sich ausschließlich um seine Angst vor dem Versagen als Klavierstimmer sowie die Frage nach dem "perfekten Klang" - wobei er aber lernt, dass es diesen gar nicht gibt, sondern stattdessen jedes Klavier individuell auf seinen Spieler/ seine Spielerin und die Umgebung angepasst werden muss.
Obwohl ich selber viele Jahre lang das Klavier spielen erlernt habe und mir einige aufschlussreiche Tipps holen konnte - immerhin ist die Autorin selber eine begabte Pianistin - so waren weite Strecken des Buches doch sehr eintönig und sehr fachspezifisch, was es vielen Menschen, die selber kein Klavier oder andere Instrumente spielen, sicherlich sehr schwer machen wird, diesem Buch viel abzugewinnen; doch auch für mich ging es stellenweise zu sehr ins fachspezifische und wurde dadurch langatmig.
Auch der Protagonist kann das Ganze nicht beleben, da er selber eine eher stumme und beobachtende Person ist, die oft sehr weltfremd und verträumt wirkt und zu der ich persönlich keine Beziehung oder Anknüpfpunkte aufbauen konnte.


Abschließend möchte ich noch auf die auf dem Klappentext gelobte "Inspiration" des Romans eingehen: Obwohl ich einige Teile des Buches sprachlich sehr schön fand (Ich kann natürlich nur die deutsche Übersetzung bewerten!), konnte ich dem Roman wenig inspirierendes abgewinnen. Vielleicht muss man dafür selber Musiker/in sein und nicht nur wie ich eine Laie des Klavierspiels. Eine Botschaft, die ich aus diesem Buch mitnehme, ist, dass man durch seine Hingabe und seinen Wissensdrang andere begeistern und inspirieren kann. Denn das macht Tomura mit den Schwestern Yuni und Kazune.

Ich gebe dem Roman daher 2,5 Sterne (und runde auf 3 auf), weil mir eine zielführende Handlung fehlte und das Innenleben des Protagonisten sowie seine Entwicklung für mich leider zu monoton beschrieben wurden. Einige sprachliche Allegorien haben mir sehr gut gefallen, ich habe das Buch auch sehr schnell beendet und allein das Cover verdient einen eigenen Stern, allerdings bin ich mit einem unbefriedigenden Gefühl zurückgeblieben, unschlüssig darüber, was ich gerade gelesen habe und was ich daraus persönlich für mich mitnehmen kann.