Du wirst bis zum Ende im Dunkeln tappen...

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Rezension zum Thriller "Der Kreidemann" von C. J. Tudor

Zum Buch:

Ich möchte gleich zu Anfang die Verarbeitung des Buches loben! Es hat eine tolle Haptik, weil bei der Papierstärke nicht gespart wurde. Außerdem ist es ein Hardcover- Buch und wirkt alles in allem sehr hochwertig verarbeitet. Darauf lege ich großen Wert und möchte es deshalb hervorheben, weil das heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist.


Zum Inhalt:

1986: Ein Dorf, eine Jugend-Clique, ein neuer Lehrer an der Schule - C. J. Tudor vermittelt einem eingangs das Gefühl einer ganz typischen Kleinstadtidylle. Doch sofort darauf geht es los - ein Jahrmarkt kommt in die Stadt, ein tragischer Unfall passiert dort und plötzlich ist für Eddie, einer der Hauptprotagonisten, nichts mehr wie es war.
Seltsame Kreidezeichnungen erscheinen und jedes Mal, wenn Eddie eine dieser gruseligen Zeichnungen sieht, führt sie ihn und seine Freunde zu einer Leiche. Menschlich oder tierisch - da macht der Kreidemann, wie der vermeintliche Serienmörder genannt wird, keinen Unterschied.
Die Freundschaft der vier jugendlichen Hauptprotagonisten wird auf harte Proben gestellt, vor allem weil sie sich nicht selten auch gegenseitig, beziehungsweise deren Familienmitglieder, verdächtigen.

2016: Eddie ist mittlerweile erwachsen und lebt ein recht eintöniges Leben als kinderloser Einsiedler. Nur seine Mitbewohnerin Chloe macht seinen Alltag auf ihre ganz spezielle Art ein wenig bunter.
Doch plötzlich scheint alles wieder los zu gehen - Ed bekommt einen Brief, der ein Stück Kreide und die Zeichnung eines Strichmännchens enthält.
Die alte Clique von damals hat sich im Lauf der Jahre sehr verändert und auseinander gelebt, doch nun wird es Zeit sich wieder zu treffen und der Vergangenheit zu stellen. Denn die Morde gehen wieder los...

Kritik:

Am Beginn muss der/die LeserIn sich sehr konzentrieren, weil die Autorin mit verschiedenen Zeitsprüngen spielt, die sehr rasch aufeinander folgen. Ich musste sehr oft zurück blättern und noch einmal nachlesen, um den Überblick nicht zu verlieren. Allerdings war dieser Umstand keineswegs störend, da ich anspruchsvolle Bücher sehr schätze.
Ich konnte mich sehr rasch und gut in die Protagonisten einfühlen, was mir gerade bei Thrillern, in denen es unter anderem darum geht den Mörder zu entlarven, sehr wichtig ist. Dafür nimmt sich die Autorin auch sehr viel Zeit und Seiten, was auch den Spannungsaufbau verstärkt.
Man kommt nicht umhin vom Zeitpunkt des ersten Mordes an zu versuchen herauszufinden wer es getan hat. Wer ist der Kreidemann? Wer spielt in dieser hübschen Kleinstadt sein makabres Spiel? Ist es 30 Jahre später noch immer der gleiche Mörder? Oder möchte jemand in die Fußstapfen des Kreidemanns treten? Es gibt plötzlich so viele Verdächtige, dass der/die LeserIn schnell dem eigenen Urteilsvermögen nicht mehr trauen kann.
Alles in allem ein sehr spannendes kurzweiliges Buch mit guter Charakterzeichnung und interessanten Plot-Twists.
Der einzige Grund warum ich nur 4 Sterne statt 5 vergebe ist der, dass im Nachhinein betrachtet alles auf einen mega Showdown hinaus läuft. Mit Wald und Axtmörder und allem was dazu gehört - aber nicht allem, denn es ist der Autorin leider nicht gelungen gerade diese wichtige Szene, den Höhepunkt des Buches ausreichend auszubauen. Nach 2 Seiten ist die "Party" vorbei und man hat irgendwie das Gefühl, dass etwas fehlt. Ich war außerdem enttäuscht, denn aus dieser Szene hätte man eine halbe Stunde purer Spannung herausholen können, die dem/der LeserIn den Atem raubt! Schade drum.
Dennoch gibt's von mir eine Leseempfehlung für alle, die gerne spannende Thriller lesen. Nur: ein Stephen King ist es bei Weitem nicht! Da kann der Meister persönlich noch so gute Rezensionen abgeben - dafür muss die Autorin noch ein bisschen üben ;-)