Erzählt in wunderschönen Bildern von unglaublicher Trauer

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sendorra Avatar

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Das Cover von „Der lange Weg zu Dir“ traf mich mitten ins Herz. Berührte mich da, wo es weh tut. Die schmerzhaft stille Illustration von Emilia Dziubak ging mir nicht mehr aus dem Kopf. So schön und so voller Trauer. Stimmte mich das Cover schon melancholisch, brach mir das Vorsatzpapier das Herz.

Es brach mir das Herz, so wie Adams Herz brach als Rufus – sein Hund und einziger Freund – zum letzten Mal ausatmete, die Augen schloss und Adam verließ. Mit Rufus verlässt auch jegliche Energie Adam. Er will nicht mehr essen, nicht aufstehen, starrt nur aufs düstere Meer.

Auch Sonia starrt aufs Meer. Sie bewundert mit ihrer Katze Miezi den Sonnenaufgang, während ihr Magen vor Hunger knurrt. Irgendwann, eines Tages will sie „den Ort sehen, an dem die Sonne aus dem Meer steigt.“ Und dann läuft Miezi los. Immer weiter und weiter. Über die Landstraße in eine Stadt; über eine Brücke und durch große Gefahr bis zu einem Haus am Meer. Wo sie das Leben zurück zu Adam bringen.

Es ist ein düsteres Märchen über zwei einsame, elternlose Kinder in Zeiten, die nicht sehr kinderfreundlich waren. Die Erwachsenen sind grob, grausam, ignorant oder hilflos. Die Kinder sich selbst überlassen.

Die Illustrationen des Buches sind wunderschön. Sie sind dunkel, traurig, beängstigend, furchteinflößend und wunderwunderschön! Adams Welt verliert ihre Farbe, verliert ihren Sinn. Er ist so allein, so verloren. Bis Sonia Wärme und Farbe zurückbringt und ihm zeigt, dass das Leben weiter geht. Das es weiterhin lebenswert ist und voller Schönheit. Das trotz der Trauer die Sonne aufgeht.

„Der lange Weg zu Dir“ ist kein leichtes Buch. Es zeigt, wie unglaublich traurig man sein kann. Wie Trauer sämtliche Energie rauben kann. So sehr, dass man nicht mehr aufstehen will. Es zeigt aber auch, dass es sich lohnt durchzuhalten. Dass die Trauer nicht unbedingt weggeht, nicht abgelöst wird, aber doch auch weiter Schönes geschieht. Schönes, das man nicht verpassen will.

Der Verlag empfiehlt das Bilderbuch für Kinder ab fünf Jahren. Und ja, diesmal werde ich dem nicht widersprechen. Zumindest werde ich die Empfehlung nicht nach unten korrigieren, auch wenn mein Vizechef (2 ¾) die Bilder – besonders die Skulpturen bzw. Collagen – sehr mochte. Um die Botschaft des Buches zu verstehen, brauchen Kinder schon ein gewisses Maß an Erfahrung. Und wenn sie diese Erfahrung haben, dann hilft ihnen dieses Buch vielleicht Trauer zu verarbeiten. Aber dabei sollten wir sie nicht allein lassen. Deswegen würde ich dieses Buch auch älteren Kindern nicht alleine in die Hand geben.