Ein anerkennenswerter Versuch...

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mike nelson Avatar

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Robert Seethaler lädt die Leserschaft ein, den Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler bei seiner letzten Fahrt, dem Rückweg von New York, wo er am Gipfel seines Erfolges angelangt ist, nach Europa zu begleiten; der Autor lässt seinen Protagonisten über einige Ausschnitte aus dem Leben sinnieren, über sein Verhältnis zu seiner Ehefrau Alma reflektieren und selbstverständlich auch über die Musik nachdenken. Wir erhalten das Porträt eines kränkelnden Mannes, der im Kontakt zu den Menschen - einzige Ausnahme die Kurzkontakte zu den Kindern - einen gewissen Überdruss erlebt. Erinnerungsbruchstücke, die winzigen Freuden des Lebens und auch die kleinen Babalitäten gehen Mahler auf dem Schiffsdeck durch den Kopf. Der einzige etwas intensivere Kontakt ist der Schiffsjunge (die Sehnsucht nach Jugend) - Mahler als einsames Genie. Mahler als Mann, dem die Musik gelingt - zuhause in seinem 'Komponierhäuschen' - dem aber bei den Menschen nicht viel gelingt. Der drohende Verlust seiner Frau an einen anderen Mann lässt ihn zu einem bedürftigen Kind werden, welches versucht, über Leiden und Krankheit die Anbindung an Alma wieder herzustellen. Und Am Schluss der Schiffsjunge, der nicht mehr Schiffsjunge sein möchte, weil es an Bord so sehr schwankt; wie er dann in einer veralteten Tageszeitung von Mahlers Tod liest.
Banal oder genial: "Auf seiner Kiste auf dem Sonnendeck dachte Mahler in einem Anflug bösartiger Resignation an die Nichtigkeit des Lebens. Es war kaum mehr als ein Ausatmen, ein Hauch im Weltensturm, und doch liebte er das Leben so sehr, dass ihm die Traurigkeit über die Vergeblichkeit dieser Liebe das Herz zerreißen wollte."
Ein irgendwie seltsames, fast wie nicht ganz fertiges Buch. Aber nach 'Der Trafikant' kann man schlecht sagen, "Seethaler übt noch"...
Bitte an einem verregneten Wochenende lesen und dabei Mahlers 8. Sinfonie lauschen!