Gustav Mahlers letzte Reise: Innenansichten eines Ausnahmekünstlers

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Robert Seethaler ist ein kleines Kunstwerk gelungen. Eine kleine, biografisch eng angelehnte Rückschau auf das Leben Gustav Mahlers. Größten Teils aus der Perspektive des berühmten Komponisten und Dirigenten selbst erzählt.

Mahler ist bereits vom Tode gezeichnet. Er befindet sich auf seiner letzten Reise, an Bord der Amerika auf dem Weg von New York nach Europa. Dort auf dem großen Ozeanriesen in der Urgewalt des Meeres erinnert er sich an die wichtigsten Momente seines Lebens. Die Zeiten, das Jetzt und das Damals, die tatsächlichen Meilensteine seines Lebens und seine fiktiven Erinnerungen und Gedanken verschwimmen und bilden die neue Realität.

Seethaler lässt Mahler erzählen, blendet aber auch Zitate oder Meinungen Dritter ein und macht das Erzählte damit objektiver. Z.B. Erfahren wir über die Blitzgewitter in Mahlers Kopf und geschundenem Körper von ihm selbst. Aber auch ein behandelnder Arzt kommt zu Wort: "Ruhen Sie sich aus, am besten Ihr ganzes Leben!".
Auch Almas Perspektive wird sichtbar durch ihre Vorwürfe und Klagen. Das ist toll gemacht. Bildhaft und eindrücklich.
Auch die zwar erdichteten, vielen, ruhigen Momente und die Naturliebe Mahlers, die im historischen Rückblick keine Bedeutung haben, die es aber sicher, wenn auch anders gegeben hat, geben dem Bändchen erst die eigentliche Würze. Das für die Allgemeinheit Belanglose wird auf einmal wichtig und groß. Mahler wird zum normalen Menschen mit allen Schwächen und Stärken.
Am Ende des Büchleins erinnert sich der namenlose Schiffsjunge an Mahler, kein berühmter Zeitgenosse oder Musikkenner. Mahlers Leben ist nicht mehr als ein Tropfen im Ozean, und doch sehr besonders - das alles fließt zusammen in Seethalers grandioser Erzählkunst.

Fazit: Eine der schillersten, aber auch tragischten und mit tiefer Traurigkeit verbundenen Figuren der Wiener Musikgeschichte wird lebendig. Das Buch ist für alle anspruchsvollen Leser, die sich für Mahler, (Musik)geschichte, Biografien und/oder das Wien der Jahrhundertwende interessieren, sehr empfehlenswert.