Seelenreise

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dicketilla Avatar

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Ein Vogelruf weckte Töne in ihm, der er schon lange vermisste, hastig ließ er sie über das Papier gleiten. Gustav Mahler an Bord eines Schiffes von New York nach Europa, eine letzte Fahrt, mit der Gewissheit das Ziel nicht mehr zu erreichen. Der berühmte Dirigent, bereits mit noch nicht einmal 50 zur Legende geworden, musste sich seinem Körper ergeben. Einem Körper, der schon jahrelang nicht kontrollierbar war, dabei war die Perfektion sein Lebensinhalt. Als Höllenhund verschrien unter den Musikern, stets nur die Vollkommenheit akzeptierte.
So ist er voller Erinnerungen, an der Schwelle zum Tod.
Wie er einst die Liebe der umschwärmten Alma gewann, mit ihr zwei Töchter bekam, schmerzhaft von einer Abschied nehmen musste. Nach außen als ein harter, unnachsichtiger Mann gesehen wurde, doch in ihm eine Sanftheit und Liebe zur Natur schlummerte. Stets stand die Musik für ihn an erster Stelle.
An Bord ein Schiffsjunge, der auf ihn acht geben soll, trotz seiner Unerfahrenheit gegenüber dem berühmten Mann, doch eine Art Vertrauter für Mahler wird, sich von ihm nicht einschüchtern lässt.
Sein Satz „Wer weit geht, kommt spät an.“ ist bezeichnend für Mahlers Leben. Er der Ruhelose kam nie an, es gab nie ein genug, konnte sich nicht einfach fallen lassen.

Robert Seethaler zeigt uns in seinem Roman „Der letzte Satz“ das Ende eines Menschen, der von Musik erfüllt, vergaß ein anderes Leben außerhalb dieser zu leben. Eine Seelenreise voller bitterer Wahrheiten. Im ersten Teil des Buches lässt er den von Fieber geschüttelten Mann in ein wirres Durcheinander von Erinnerungen schweben, dem Leser viel Aufmerksamkeit abverlangt, aber auch den Gesundheitszustand Mahlers erkennen lässt. Doch es wäre nicht Seethaler, wenn er diese Gedanken, Erinnerungen nicht in Worte fassen würde, die einen echten Lesegenuss bereiten. Ein Rückblick , der den sterbenden Mahler mit sich selbst ins Reine kommen lässt.