Polaroids und Tagdiebe

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medsidestories Avatar

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Dieses Buch scheint genau das zu sein, was ich brauche, nachdem ich mit meinen letzten Lektüren nicht richtig glücklich geworden bin.

Die Geschichte stammt aus den Siebzigern und das spürt man. Die Bilder der Vergangenheit sickern beim Lesen förmlich durch die Zeilen. Trotzdem ist der Text gut zu lesen. Ich mag die Wortwahl der Übersetzung. Da ist zum Beispiel von "sonnendurchstochenen Abenden" die Rede. Solche Ausdrücke stimulieren einen ganz bestimmten namenlosen Punkt in mir. Ich würde den Text also als wortästhetisch bezeichnen. Durch diese Wortästhetik entsteht eine unglaublich schöne Atmosphäre, so als würde man alte Polaroids betrachten. Ich kann mich so wunderbar in dieser Nostalgie verlieren.

Positiv aufgefallen ist mir außerdem, wie der Autor auf wenigen Seiten komplexe Beziehungen charakterisiert. Insbesondere das Verhältnis zwischen Leo und und seinem Vater, dem stillen großen Kriegsheimkehrer. Die Anekdote mit dem Meerwasser habe ich besonders gerne gelesen.
Ich mag den leicht ironischen Unterton, in dem Leo seine Geschichte vorträgt. Schon allein die Erzählstimme vermittelt einen bestimmten Eindruck davon, was für ein Mensch der Protagonist sein soll. Eine Art spitzbübischer Tagdieb, dem das das Leben mehr Limonade gibt, als Zitronen. Einer, der immer irgendwie auf seinen Füßen landet.
Ich würde sehr gerne mehr von ihm lesen.