Dolce vita?

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reimon Avatar

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Schon das Titelbild ist ambivalent und macht neugierig: ein Blick über die dunstige, sonnengelbe Stadt, davor sitzt ein Mann in Pullover und Anzug.
Die Geschichte zieht einen rasch hinein: Der Müßiggänger – er nennt sich „Leo Gazzarra, erst mal“ – erzählt vom dolce far niente als Lebenskünstler, der nur im gerade notwendigen Ausmaß arbeitet. Für viele Mitteleuropäer klingt das fast unerreichbar.

Die Geschichte beginnt mit der Sprachlosigkeit des Vaters dem Sohn gegenüber, die sich auch im herzzerreißend beschriebenen Abschied am Bahnhof zeigt.
Immer wieder finden sich atemberaubende Formulierungen: „Die Jahreszeiten wechseln nachts, ohne das Wissen der Leute, und wir erlebten ein Schauspiel, dessen Großartigkeit nur mit der Stille vergleichbar war, in der es stattfand.“
Bald nach seiner Abreise aus dem als trist beschriebenen Mailand nach Rom lernt Leo eine atemberaubende Frau kennen, die sein Leben umkrempeln wird.

Parallelen zum Autor sind hier wohl zulässig: Dieser ist geboren in Triest, aufgewachsen in Mailand und lebte dann in Rom als Journalist.
Der Roman war nach dem Erscheinen 1973 in Italien bald ein Kultbuch, verschwand dann auf Flohmärkte und in Antiquariate, wurde 2010 von einem anderen Verlag neu aufgelegt, war wieder vergriffen und beinahe vergessen und wurde nun von einem dritten Verlag neu aufgelegt. Derzeit wird er in mehr als 20 Sprachen übersetzt.

Die Übersetzerin Karin Krieger ist LeserInnen italienischer Romane weithin bekannt (Ferrante, Camillieri, ...). Offensichtlich kann sie sich besonders gut in die Italianità einfühlen und so auch uns Deutschsprachige daran teilhaben lassen.