La vita agrodolce

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herr_stiller Avatar

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Ich: Wie zeitlos kann ein Buch sein?
Der letzte Sommer in der Stadt: Ja.

1973 ist Gianfranco Calligarichs Roman erschienen. Vor 49 Jahren. Zwei, fast drei Generationen junger Leute später wirkt „Der letzte Sommer in der Stadt“ frisch wie am ersten Tag.

Ein junger Mann in einer großen Stadt, der ewigen Stadt, Rom, natürlich. Das sorglose Leben, wenn die Schulzeit hinter und noch so vor einem Menschen liegt. Die flüchtigen Bekannt- und besseren Freundschaften. Jobs, die noch keine Arbeit sind. Durchfeierte Nächte. Und die Liebe, ja, die Liebe, oder besser: Amore.

Die findet Leo Gazzarra, der (Anti-)Held dieser Geschichte, in Arianna. Schön ist sie, wankelmütig, undurchschaubar. Und trotz aller Nähe wahrt sie eine gewisse Distanz, die Leo schier um den Verstand bringt, aus Rom weg in die Mailänder Heimat treibt, die längst keine mehr ist.

Calligarich hat hier vor fast fünf Jahrzehnten einen Roman geschaffen, der mehr ist als nur eine Verbeugung vor amerikanischen Literaten wie Kerouac oder Hemingway. Es ist ein Werk, dass Beat-Literatur mit La Dolce Vita von Fellini verknüpft – nur dass es oft agrodolce ist. Bittersüß. Von Seite zu Seite bis zu seinem Ende nimmt die Süße ab, verschwindet die Wärme, das Wohltun des Sommers, hin zum großen Finale.

Ein wunderbares Buch, eine großartige Wiederentdeckung, eine tolle Übersetzung. Und kein Jahr gealtert. Amore!