Verspielte Karten

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'Rom, Anfang der siebziger Jahre: Der junge Leo Gazzarra kommt aus Mailand in die Ewige Stadt, die ihm alles zu bieten scheint. Mühelos fast findet er Anschluss, frequentiert die angesagten Bars und begegnet eines Abends der so exentrischen wie umwerfenden Arianna, die sein Leben umkrempelt." (Klappentext)

Es beginnt ein verführerisch rhytmisches Sprachspiel wie ein Tanz zweier sich ergänzender Partner. Der Satzmelodie sich hingebend blickt der Leser auf die Tanzfläche - sich in wohliger Erfreutheit wiegend. Doch dann, ganz unerwartet, ohne sich anzubahnen, stürzt einer der Tanzpartner und bricht sich das Bein. Aus und vorbei!
Ja, der Roman bricht sich eindeutig das Bein und der Leser nimmt mit ihm am Krankenbett Platz, in Rom, einer Stadt in einem Land der tragikkomischen Leichtigkeit. Lange habe ich in Italien gelebt und weiß wie die Italiener*innen sich trotz tragischer Lebens - und Weltereignisse das Leben nicht vermiesen lassen: 'Andiamo, mangiamo un panino. Dopo si pensa meglio!'

Diese tragikkomische Leichtigkeit sucht man in dieser Geschichte vergeblich, der Protagonist suhlt sich völligst humorlos in seinem Selbstmitleid und posaunt Bier trinkend auf den schönsten Plätzen Roms seinen mit langem Atem anhaltenden Gedanken, dass die Welt sich doch bitte, bitte bei ihm entschuldigen müsse.
Erst ganz am Ende erscheint ihm die Erleuchtung, dass er gute Vorraussetzungen hatte, selbst seines Glückes Schmied zu sein:

"Wie gesagt, ich bin auf niemanden sauer, ich hatte meine Karten, und ich habe sie gespielt. Keiner hat mich gezwungen. Bereuen tue ich nichts." (204)

Keiner zwang mich das Buch zu lesen, bereuen tue ich auch nichts, doch stelle ich fest:
Der Autor hat die zu Beginn gelegten viel versprechenden Karten durch langweiliger Tristesse verspielt.

Die Originalausgabe von 'Der letzte Sommer in der Stadt' ist 1973 erschienen und wurde nun von Karin Krieger ins Deutsche übersetzt