Einer der letzten Zeitzeugen erzählt seine Geschichte

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aoibheann Avatar

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Samuel Pivnik ist 13 Jahre alt, als Deutschland in Polen einmarschiert und wenig später das ganze Land unter die Herrschaft der Nationalsozialisten stellt.
Das gewohnte idyllische Leben der Familie Pivnik wird damit auf den Kopf gestellt. Sind die Ausmaße zunächst auch noch nicht sofort erkennbar, worum es den Besatzern wirklich geht wird schnell erkennbar. "Judenfrei" soll der Ort gemacht werden. Was mit Einschränkungen beginnt, weiter sich rasend schnell auf alle Lebensbereiche der Menschen aus. Schikane, Angst, Zwangsarbeit, Hunger und Verzweiflung sind tägliche Begleiter. Über allem schwebt die Gefahr der Deportation.
Für Sam und seine Familie wird ein Albtraum war. Sie müssen ihr Haus verlassen. Zunächst um in ein eigens errichtetes Ghetto zu ziehen. Um dann letztlich doch deportiert zu werden. Nach Auschwitz-Birkenau.

Was Pivnik über seine Zeit im Konzentrations-, anschließend im Arbeitslager Fürstengrube und den Todesmarsch erzählt, klingt wie aus einem Horrorfilm. Einem Menschen wie mir, der in Friedenszeiten aufgewachsen ist, erscheint es einfach unvorstellbar, was Menschen anderen Menschen antun können. Zu welchen Grausamkeiten Menschen in der Lage sind. Aus diesem Grund ist dieses Buch in meinen Augen auch so wichtig - gegen das Vergessen und um uns immer wieder vor Augen zu haben: Solche Gräueltaten haben in einer modernen Gesellschaft keinen Platz!

Sam Pivnik erzählt seine Geschichte in einem trockenen und ein wenig distanzierten Tonfall. Dabei streut er zwischen persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen immer wieder Fakten und Details ein, welche z.T. erst sehr viel später an die Öffentlichkeit gelangten. Immer wieder geht er auch auf die Entgegnungen von Holocaustleugnern ein und entkräftet deren "Argumente" mit handfesten Zahlen und Belegen. Dabei kann er die ein oder andere Spitze nicht zurückhalten - diese Sätze tragen einen deutlich ironischen Unterton.
Genauso eigen sind seine Sätze, wenn die Erinnerungen sehr persönlich werden. Dann schleicht sich von Zeit zu Zeit eine gewisse Bitterkeit in seinen Erzählstil. Was ich dem Autor auch absolut nicht absprechen mag.
Die teilweise größeren Lücken in der Erzählung haben mich ein wenig gestört, ich verbuche sie aber unter dem Alter des Autors. Nicht mehr jedes Detail bleibt in Erinnerung und unter lebenswidrigen Bedingungen, schaltet unser Hirn auch in den Schutzmodus.

"Der letzte Überlebende" ist ein erschütterndes Zeugnis menschlicher Verachtung und Wansinns. Wer von Berichten der Überlebenden nicht berührt wird - dem ist nicht mehr zu helfen.