Hart und verwirrend

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
reenchenz Avatar

Von

1898: Joe blickt sich verwirrt auf dem Bahnhof Gare du Roi in Londres um. Er weiß nicht, wer er ist, woher er gekommen ist und wo er hingehört. War England schon immer französisch? Er kommt in eine Psychiatrische Klinik. Als er zurück in seine ihm unbekannte Familie kommt, erreicht ihn die Postkarte eines Leuchtturms von der Insel Eilean Mor, die 90 Jahre zu ihm unterwegs war. „Liebster Joe, komm nach Hause, wenn du dich erinnerst. M.“ Joe macht sich auf den Weg nach Schottland und auf die Suche nach Antworten. Er findet einen Weg in die Vergangenheit, mitten hinein in die großen Seeschlachten zwischen England und Frankreich.
Wenn ich diesen Roman als merkwürdig bezeichne, tue ich ihm kein Unrecht.
Zunächst einmal ist der deutsche Titel absolut irreführend, spielt der Leuchtturm doch tatsächlich eine absolut nebensächliche Rolle. Den Einstieg fand ich einigermaßen schwierig, ist die ganze Welt, in die Joe dort gerät, doch einigermaßen verwirrend. Die Spannung hielt sich anfangs leider in Grenzen. Erst als er endlich, aber nur kurz, den Leuchtturm erreicht, nimmt sie an Fahrt auf. Die zweite Hälfte des Buches, konnte ich dann in einem flüssigen Rutsch lesen.
Die Schilderung der Härten des Englisch-Französischen Krieges, insbesondere der Schlachten zur See, ist kompromisslos und die Autorin geht auch mit den eigenen Protagonisten sehr schonungslos um. Da musste ich schon an der einen oder anderen Stelle schlucken.
Die Erzählung erfolgt in verschiedenen Zeitebenen, was den Lesefluss immer wieder etwas bricht, aber auch für Abwechslung sorgt. Den Schreibstil würde ich schon als anspruchsvoll beschreiben. Einige Schauplätze, insbesondere den des Zeitportals, konnte die Autorin mir nicht wirklich veranschaulichen. Das Bild in meinen Kopf bleibt doch eher verschwommen.
Wie es bei Zeitreisegeschichten oft der Fall ist, bleiben auch am Ende dieser Geschichte Fragen zur Logik. Wie wirkt es sich auf die Zukunft aus, wenn ich in die Vergangenheit reise, und dort einen Baum fälle? (Irres Beispiel) Die Lösungen der Autorin konnten mich nicht restlos überzeugen.
Alles in allem fand ich das Buch nach Anlaufschwierigkeiten nicht schlecht. Gerettet hat es vor allem eine Figur aus Joes Vergangenheit, die so vielschichtig und ambivalent daherkommt, dass mich ihr Schicksal im besonderen Maße interessierte.