Wispernde Stimmen

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ilonar. Avatar

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Dieser Roman ist der siebte in einer Reihe um den Kommissar Patrick Hedström von der Polizei in Fjällbacka und Erica und seiner Ehefrau, von Beruf Schriftstellerin.
Die Autorin stellt den Mord an dem eher unscheinbaren und sehr stillen, ja fast zurückgezogenen jungen Mats Sverin in den Mittelpunkt des Romans. Um dieses Geschehen im Fischerdorf Fjällbacka und um die ermittelnden Polizisten herum gruppiert die Autorin verschiedene Handlungsfelder und verwebt diese mit einer Geschichte, die sich auf der geheimnisumwitterten Leuchtturminsel vor der Küste in den Jahren 1870 und folgende zugetragen hat.
Am Anfang lernen wir Anni kennen, die offensichtlich überstürzt ihr bisheriges Heim verlässt, auf der Rückbank ihres Autos liegt schlafend und in eine Decke eingewickelt ihr kleiner Sohn Sam. Ihre blutverschmierten Hände nimmt sie erst wahr, als sie das Lenkrad umfasst und ihre Flucht den Anfang nimmt. Ihr Ziel: das kleine Haus auf der Leuchtturminsel vor der Küste Fjällbackas.
Geisterinsel, so nennen die Bewohner das kleine Eiland Gråskär, auf dem es angeblich spukt und wo die Toten keine Ruhe finden können. Hier will Anni sich ihr neues Leben einrichten, unterstützt von den Eltern ihres früheren Jugendfreundes Mats, der selbst gerade in den Ort seiner und Annis Kindheit zurückgekehrt ist. Ob Mats seinen Plan, Anni auf ihrer Insel zu besuchen, vor seinem Tod noch realisiert hat, ist eine der vielen Fragen, die sich nach seinem gewaltsamen Tod stellen. In seinen Ermittlungen wollen Patrik und seine Kollegen zunächst das Umfeld des Mordopfers beleuchten und damit Aufschluss über erste Spuren und mögliche Täter
finden.
Obwohl zunächst scheinbar keinerlei brauchbare Erkenntnisse vorliegen, deckt die Polizei nach und nach Verbindungen des Opfers in unterschiedliche, mit Kriminalität verknüpfte Milieus auf. Hier spielen Missbrauch und häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder ebenso eine Rolle wie Betrügereien auf der lokalpolitischen Ebene. Später zeigen sich Verbindungen zur Rocker- und Motorradszene und ins Drogengeschäft, die jeweils in einzelnen Handlungssträngen erzählt werden. Hinzu kommt die Weiterzählung des privaten Umfelds Patriks und seiner Frau Erica.
Das zieht eine Vielzahl von Personen auf die Bühne der Ereignisse, die mir am Anfang ein wenig Mühe beim Lesen gemacht haben. Das lag ganz sicher auch daran, dass ich mit diesem siebten Buch eingestiegen bin und die vorherigen Romane von Camilla Läckberg nicht gelesen habe. Der chronologische Leser wird das vermutlich anders empfinden. Sehr berührend waren für mich die Passagen, die vom Leben Emelies auf der Geisterinsel erzählen. Ab 1870 lebt Emelie dort gemeinsam mit Mann Karl und Julian, dessen Rolle lange unklar bleibt, und später ihrem Sohn Gustav. Das es um diese Personen ein düsteres Geheimnis geben muss, erschließt sich zunächst nur in Vermutungen. Und wie diese Erzählung mit den heutigen Ereignissen in Verbindung steht, das bleibt bis ganz kurz vor dem Ende nebulös.
Nachdem ich mich etwas mühsam durch die ersten ca. 150 Seiten gekämpft hatte, wurde es dann richtig spannend. Mir hat der Roman insgesamt sehr gut gefallen, weil es der Autorin gelingt, sehr menschliche und überzeugende Figuren zu schaffen, die auch mit all ihren kleinen Schwächen gezeigt werden. Die Spannung, so habe ich es empfunden, kommt weniger aus den eigentlichen Verbrechen, sondern sehr viel mehr aus den zum Teil tragischen Verbindungen der Personen untereinander und ihrer Vergangenheit. Sehr deutlich wird in der Figur von Anni und einer weiteren in ihrer Beziehung gequälten Frau, was jahrelange Gewalt an psychischer Veränderung und Erkrankung nach sich ziehen kann.
Die Lösung, obwohl auf den letzten Seiten teilweise zu erahnen, ist dann doch ein wenig spektakulär und in allen Facetten überraschend.
„Der Leuchtturmwärter“ ist ein Roman, der sicher ohne große Lesepausen am Stück genossen seine Spannung am besten entfalten kann.